Kosten sparen mit SOA - ein Ammenmärchen der Hersteller?

20.01.2006
Auf einer IT-Fachkonferenz prallten kontroverse Meinungen zur Wirtschaftlichkeit Service-orientierter Architekturen aufeinander.

Das Argument, eine SOA spare IT-Kosten, bezeichnete der unabhängige Analyst Wolfgang Martin als "Ammenmärchen, genährt von einigen Anbietern". SOAs bildeten lediglich eine Infrastruktur für die Prozessorientierung in Unternehmen und müssten. Als solche müssten sie auch finanziert werden. Martin: "Das Geld liegt in den Prozessen." Den Return on Investment (RoI) einer Infrastruktur auszurechnen, halte er für ausgeschlossen.

Auf der von IIR Deutschland veranstalteten Konferenz "IT-Leiter Tage 2006" sorgte diese Einschätzung für eine kontroverse Diskussion über den messbaren Nutzen Service-orientierter Architekturen. "Ich bin mit der Aussage überhaupt nicht einverstanden", erklärte Daniel Liebhart, Solution Manager beim Schweizer IT-Dienstleister Trivadis, gegenüber der COMPUTERWOCHE. Er sehe durchaus Kostenvorteile. "Mit SOA lassen sich Systeme, die sich bewährt haben, weiter nutzen." Damit erhöhe sich auch der Investitionsschutz. Die Strategie, nur noch neue Systeme zu bauen, die mehrmals verwendet werden können, halte er für einen Fehler: "Das ist eine reine Techniksicht." Projektverantwortliche sollten stattdessen prüfen, welche vorhandenen Anwendungen innerhalb einer SOA als Services erhalten bleiben können. Unterm Strich reduzierten sich damit auch die Entstehungskosten neuer Software.

Inwieweit sich die Wirtschaftlichkeit Service-orientierter Architekturen überhaupt berechnen lässt, beschäftigt Hersteller und Anwender schon seit längerem (siehe: "Die SOA-Vision liegt in weiter Ferne" ). Als Maßstab könnten beispielsweise die Grenzkosten für Prozessänderungen dienen, argumentierte Liebardt, sprich: Welchen Aufwand verursacht es, wenn Unternehmen Abläufe modifizieren? In einer SOA sollten diese Grenzkosten tendenziell sinken, so seine These: "Das würde bedeuten, dass Systeme länger leben, weil sie änderbar sind."

Martin Eldracher, Leiter IT-Beratung beim Münchner Softwarehaus sd&m, verwies auf einen klassischen Zielkonflikt, der sich mit Hilfe von SOA lösen lasse: "Als strategische Paradigmen stehen IT-Agilität und IT-Wirtschaftlichkeit im Konflikt." Eine nachhaltige Verbesserung der IT sei nur zu erreichen, wenn beide Stoßrichtungen verfolgt würden. So schaffe der Faktor Wirtschaftlichkeit erst die nötigen Freiräume für Investitionen in Agilität, wie sie mit SOA erreicht werden soll. Agilität wiederum beschleunige und verbillige IT-Vorhaben auf mittlere Sicht.

Service-orientierte Architekturen gliedern eine Anwendungslandschaft in lose gekoppelte Domänen, die über Services interagieren, führte Eldracher aus. "Damit verspricht SOA Vorteile bei Wirtschaftlichkeit und Agilität, aber auch Time-to-Market und Qualität." Wenn Unternehmen wiederverwendbare Funktionen über Services bereitstellten, gewönnen sie Entwicklungskapazitäten. Einen messbaren Erfolgsnachweis lieferten auch geringere Wartungs- und Entwicklungskosten. Der sd&m-Vertreter belegte seine Aussagen anhand von anonymisierten Kundenbeispielen. In einem Fall lag das durch SOA erreichbare Einsparpotenzial gegenüber einem Legacy-System bei 2,7 Millionen Schweizer Franken in einem Zeitraum von drei Jahren. Mehr zum Thema lesen Sie in der nächsten Ausgabe der COMPUTERWOCHE. (wh)