Bestechungen und unzulässige Absprachen

Korruption bei der Bundeswehr?

12.04.2002
BERLIN (CW) - Bei dem mit insgesamt sechs Milliarden Euro dotierten IT-Vergabeprojekt "Herkules" der Bundeswehr soll es Bestechungen gegeben haben. Dem Bundesrechnungshof liegt ein anonymes Schreiben mit entsprechenden Anschuldigungen vor.

In dem Brief vom 8. Februar 2002, der offenbar von Mitarbeitern des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung (BMB) in Koblenz verfasst wurde, ist nach Angaben der Tageszeitung "Die Welt" die Rede davon, dass Bestechungen, Begünstigungen und unzulässige Absprachen die Vergabeentscheidung für das Herkules-Projekt beeinflussen sollen. Im Rahmen dieses Vorhabens plant die Bundeswehr, ihre nichtmilitärische IT in eine Gesellschaft auszugliedern, an der der Staat nur eine 49-prozentige Beteiligung halten will.

Erpressungsversuche im BeschaffungsamtUm die Mehrheit an dieser IT-Firma bewerben sich zwei Konsortien: einerseits IBM, T-Systems und SBS, andererseits CSC Ploenzke, Mobilcom und der Luftfahrtkonzern EADS. Innerhalb der nächsten zehn Jahre soll die Bundeswehr-IT modernisiert werden. Dazu sind rund sechs Milliarden Euro erforderlich.

Die Verfasser des Briefes, die sich selbst als "Gruppe loyaler Angestellter und Beamter im BWB" bezeichnen, erheben schwere Vorwürfe. So gebe es seitens interessierter Unternehmen "massive" Versuche, eine zukünftige Beteilung zu erpressen. Durch das Schreiben gerät auch Ministerialdirigent Klaus Hahnenfeld in Verdacht. Ihm wird ein "unzulässiger Interessenkonflikt" vorgeworfen, weil er die Vergabeentscheidung maßgeblich beeinflusse und später zu einem Jahresgehalt von 450 000 Euro die Leitung der privaten IT-Firma der Bundeswehr übernehmen werde, so die Verfasser.

Verteidigungsministerium dementiertDer Bundesrechnungshof nimmt die Anschuldigungen offenbar ernst. In einem Schreiben, das der Tageszeitung "Die Welt" vorliegt, baten die Prüfer die Leitung des Bundesverteidigungsministeriums (BMVg) um Klärung des Vorwurfs, dass "das Vergabeverfahren beim Projekt Herkules nicht ordnungsgemäß und daher rechtlich nicht zulässig sei". Das BMVg reagierte bereits in einer Presseerklärung. Darin heißt es, dass eine interne Untersuchung keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten ergeben habe. Im Rahmen einer projektbegleitenden Prüfung sei dem Bundesrechnungshof außerdem Akteneinsicht gewährt worden. Vorwürfe gegen den IT-Direktor Hahnenfeld seien haltlos, weil er auf die Vergabeentscheidung keinen Einfluss habe. Da sich Hahnenfeld um die Geschäftsführung der Gesellschaft in Gründung kümmere, nehme er an der Auswertung der Angebote oder der Auftragsvergabe nicht teil. (jha)