Kopierkunden zur Pünktlichkeit erzogen:\

01.04.1983

Sorcerer-Mikro als flinker Fakturiergehilfe

"Es mußte einfach was passieren", erinnert sich Geschäftsführer Rainer Herlitze von der Copytex GmbH, St. Augustin, an die Fakturierprobleme in seinem Hause. Bei der Büromaschinen-Vertriebs-Gesellschaft, die im Großraum Bonn hauptsächlich Canon-Kopierautomaten vertreibt, war aus einer Halbtagskraft "die Alleinherrscherin über die Fakturierung und damit über Gedeih und Verderb der Firma" geworden.

Durch wachsendes Geschäftsvolumen und unterschiedliche Abrechnungsversionen (monatlich oder quartalsweise, verschiedene Zähler-Abrechnungsanteile) geriet die Fakturierug mit entsprechend vielen Variationsarten, so Rainer Herlitze, "zur echten Schwachstelle des Unternehmens, die auf nur eine Person zugeschnitten war.

"Mit der Karteikarten-Organisation bestanden nicht einmal Kontrollmöglichkeiten, ob ein Kunde überhaupt abgerechnet wurde", skizzierte Herlitze das Hauptproblem seines damaligen Abrechnungssystems. Als er sich jedoch auf dem DV-Markt nach geeigneter Unterstützung für seine Fakturierung umsah, wurden zunächst die angebotenen Programme seinen Anforderungen nicht gerecht: "Wir haben uns umfangreich informiert und bekamen manchmal Standard-Fakturiersoftware angeboten, die anscheinend für Lebensmittelabrechnung geschrieben wurde", entrüstet sich Herlitze über mangelndes Eingehen der DV-Branche auf seine Problemstellung.

Erst bei der Regionalausstellung "Schaffendes Rheinland" in Troisdorf kam er zufällig der Problemlösung einen Schritt näher: "Eine dort ebenfalls vertretene DV-Organisation und Vertriebs GmbH kam immer zum Kopieren zu uns", erzählt Herlitze, "und dabei kamen wir ins Gespräch über unsere Abrechnungssorgen."

Das Problemlösungskonzept, das Herlitze daraufhin vorgeschlagen wurde, überzeugte ihn schließlich: Auf der Basis des Mikrocomputers "Exidy Sorcerer" sollte ein individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Programm entstehen, das alle Belange seiner Fakturierung sowie darüber hinaus eine Wirtschaftlichkeitsberechnung pro Kopiergerät abdeckt.

Auf Festpreisbasis wurden über Systemanalyse, Grobgerüst und schrittweise Verfeinerung bis zum Programm alle Varianten einer Kopierautomaten-Fakturierung auf dem Mikrorechner gelöst: So sind zum Beispiel mehrfache Maschinentypen und -nummern pro Kunde, unterschiedliche Abrechnungszeiträume sowie variable Zählerstands-Abrechnungs-Anteile möglich. Außerdem wird für jedes Gerät aufbauend auf der Fakturierung der gesamte Aufwand wie Technikerzeiten, Fahrzeiten oder Ersatzteile für eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelt.

Ferner sind statistische Auswertungen zur Vertriebsunterstützung möglich, die beispielsweise angeben, welche Gerätetypen wie oft installiert sind oder in welcher Gegend wie viele Geräte stehen.

Die Einführung des mikrocomputergestützten Fakturiersystems bereitete allerdings noch einige Sorgen: Die bisher mit der Fakturierung betraute Mitarbeiterin nahm Abwehrhaltung ein und wies immer wieder auf die Vorteile ihres Karteikastens" hin. "Erst als ich den Mikrocomputer zu meinem persönlichen Prestigeobjekt gemacht habe und das zweite Quartal 1981 als unwiderruflichen Termin für die Computerfakturierung bestimmte, konnte ich die Einführung durchsetzen", berichtete Rainer Herlitze. Bei einer späteren Teilung der Firma gingen Mitarbeiterin samt Karteikasten zum neuen Betrieb und Herlitze behielt "seinen" persönlichen Computer. Und er hält das für einen guten Tausch: "Ich schaffe heute meine Quartalsabrechnung alleine in drei Tagen und brauche keine neue Halbtagskraft einstellen", rechnet er vor und weist außerdem auf die qualitativen Verbesserungen beispielsweise durch die Abrechnungskontrolliste hin, mit der genau festgestellt werden kann, ob alles abgerechnet worden ist.

Mikro als Prestigeobjekt

Als weiteren Vorteil der Computereinfürung sieht Herlitze ein Nebenprodukt: "Durch die organisatorische Umstellung auf Quartalsabrechnung mit den entsprechenden Zählerablesekarten werden die Kunden zur Pünktlichkeit erzogen und wir müssen nicht mehr soviel den Zählerstandskarten nachtelefonieren."

Unterm Strich hält Herlitze seine Gesamtcomputerinvestition von zirka 14 000 Mark mehr als gerechtfertigt: "Da hätte uns ja schon die Halbtagskraft in einem Jahr mehr gekostet."

-Udo Kellerbach ist EDV-Berater und freier EDV-Fachjournalist in Bergisch-Gladbach.