Kooperation zwischen Apple und SAP unter Dach und Fach Apples neue Strategie: Mac-Software unter Unix

28.05.1993

MUENCHEN (CW) - Die Apple Computer Inc. hat auf ihrer internationalen User-Konferenz im kalifornischen San Jose angekuendigt, sie werde ihre Macintosh-Technologien und -Dienste auch auf den fuehrenden Unix-Plattformen anbieten. Ausserdem soll der Mac schon bald als Front-end fuer die kommerziellen SAP- Standardsoftwareprodukte R/2 und R/3 zur Verfuegung stehen.

Anfang 1994, so teilt Apple mit, werde die Walldorfer SAP AG eine R/3-Benutzeroberflaeche fuer Apple-PCs herausbringen. Die Unternehmen wollen die Software direkt implementieren, so dass Anwender genauso mit R/3 arbeiten koennen wie mit jeder anderen Software fuer den Macintosh.

Auch die fuer den Mac verfuegbare Standardsoftware wird laut Hersteller aus dem R/3-System heraus nutzbar sein. Mit Hilfe der Apple-Netzdienste schliesslich sollen Anwender der SAP-Software auch drucken und Faxe versenden koennen.

Auf Server-Ebene plant der PC-Spezialist ebenfalls, langfristig eigene High-end-PCs mit SAP-Software einzusetzen. Dies kann jedoch erst dann gelingen, wenn Apple gemeinsam mit IBM das Power-Open- Betriebssystem fertiggestellt hat. Zusammen mit Motorola zaehlen beide Unternehmen zu den Gruendungsmitgliedern der Power Open Association, deren Ziel die breite Markteinfuehrung der Power-RISC- Architektur ist.

Auch die SAP AG, vor wenigen Wochen noch als Windows-NT-Partner in den Schlagzeilen, gehoert inzwischen als "Associate Member" zum erweiterten Kreis dieser Organisation.

Das Power-Open-Betriebssystem soll auf dem Unix-Derivat AIX von der IBM basieren und um Apples Macintosh-Toolbox erweitert werden. Waehrend auf Basis dieses Systems kuenftig sowohl Unix- als auch Mac-Programme laufen werden, steht das Apple-eigene Unix-Derivat A/UX vor der Ausmusterung. Eine letzte Version soll im Juni dieses Jahres erscheinen.

Apple hat seine Open-Systems-Strategie inzwischen ueber die blaue Welt hinaus ausgedehnt. Demnach sollen "die meisten" von insgesamt rund 5000 Macintosh-Anwendungen unter anderem auf Unix-Servern und -Workstations von IBM, Hewlett-Packard und Sun Microsystems ablauffaehig sein.

Der Hersteller will eine "Vielzahl von Diensten in offenen Systemumgebungen" anbieten und eine Reihe von Programmier- Schnittstellen offenlegen. Erste Produkte, die diese Strategie unterstuetzen, erscheinen voraussichtlich noch in diesem Jahr.

Fuehrende Unix-Anbieter

begruessen Apples Strategie

Auf der Anwenderkonferenz in Kalifornien begruessten fuehrende Vertreter von IBM, Sunsoft und Hewlett-Packard die Oeffnungsstrategie von Apple. Nachdem Sun dabei ist, mit der Entwicklung der Wabi-Schnittstelle zu erzwingen, dass saemtliche MS- DOS- und Windows-Applikationen direkt unter Unix laufen koennen, steht nun fest, dass auch Mac-Anwendungen unter dem offenen Betriebssystem verfuegbar sein werden.

Im Gegensatz zu Microsoft foerdert Apple diese Entwicklung. Das Unternehmen kuendigte an, mit den wichtigsten Standardisierungsgremien, darunter COSE, OSF, X/Open und Unix International, zu kooperieren, damit die eigenen Technologien und Spezifikationen gemeinsam mit den Unix-Standards in Client-Server- Loesungen integriert werden koennen.

Um potentiellen Kunden, die mit der Anschaffung eines Pentium- basierten Intel-Rechners liebaeugeln, den Wind aus den Segeln zu nehmen, verkuendete Apple auf der Anwenderkonferenz, dass bei der Entwicklung des Power-Chip-basierten Macintosh der Durchbruch gelungen sei. Bereits in der ersten Haelfte des naechsten Jahres wuerden die PCs ausgeliefert.

In einer Praesentation stellte der Anbieter einen Prototyp auf der Basis eines Power-PC-601-Mikroprozessors von Motorola vor, der eine Taktrate von 80 Megahertz aufwies. Die vorhandenen Macintosh- Anwendungen waren darauf eins zu eins ablauffaehig. "Wir fuehren den niedrigst-performanten Power-Chip vor und sind damit bereits schneller als der Pentium-Chip", triumphiert Ulrich Eckert, Marketing-Leiter der Apple Computer GmbH in Ismaning.