Kooperation mit IBM bisher enttaeuschend Cornerstone soll Chipcom alles andere als in die Ecke stellen

07.07.1995

MUENCHEN (gh) - Die US-Internetworking-Company Chipcom sieht sich auf anhaltendem Erfolgskurs. So konnte das Unternehmen im ersten Quartal des Geschaeftsjahres 1995 mit rund 86 Millionen Dollar den Umsatz des vergleichbaren Vorjahreszeitraums um 66 Prozent uebertreffen - bei einem Nettogewinnanstieg um ueber 300 Prozent auf gut acht Millionen Dollar. Fuer zusaetzlichen Aufwind sollen jetzt eine Reihe neuer Produkte sowie vor allem die Migrationsstrategie

"Cornerstone" sorgen, die Anwendern den Wechsel zu ATM erleichtert.

Zufrieden mit dem ersten Quartal 1995 duerften derzeit auch die Inhaber der an der New Yorker Nasdaq gehandelten Chipcom-Aktien sein. So belaeuft sich der Gewinn pro Aktie auf 0,45 Dollar gegenueber 0,11 Dollar im ersten Quartal 1994. Rund 46 Prozent der Umsaetze stammen dabei aus dem internationalen Geschaeft, wo, wie es bei Chipcom heisst, mit dem italienischen Finanzministerium und einer kanadischen Provinz-Regierung sowie zwei Telecom- Unternehmen, der CTC Compania de Telefonos de Chile und der indonesischen PT Indosat, attraktive Kunden gewonnen werden konnten. Der US-Umsatz betrug im gleichen Zeitraum 46,6 Millionen Dollar, was einer Steigerung um 61 Prozent entspricht. Damit hat man, wie das an der amerikanischen Ostkueste beheimatete Unternehmen nicht ohne Stolz meldet, seit der Boerseneinfuehrung im Mai 1991 das 25. Quartal in Folge mit einem Umsatzzuwachs abgeschlossen.

Gleichzeitig setzte Chipcom den Ausbau seiner Produktpalette fort. So wurden diverse ATM-Produkte vorgestellt, die Campus-Backbone-, Workgroup- und Desktop-Features beinhalten. Die neuen Loesungen sind dem Vernehmen nach das Ergebnis einer Entwicklungs- und Marketing-Kooperation mit IBM, die Anfang des Jahres erneuert und erweitert wurde - eine Verbindung, ueber die man bei Chipcom, zumindest rueckblickend, nicht besonders gluecklich ist. Die urspruenglichen Planungen in puncto Produktabsatz wurden bei weitem nicht erreicht, gab Claus Wortmann, Geschaeftsfuehrer der deutschen Chipcom-Dependance, schon vor einigen Wochen auf der Frankfurter Networld+Interop unumwunden zu. Konsequenz: Die Company musste ihre Umsatzerwartungen im abgelaufenen Geschaeftsjahr um einen zweistelligen Millionenbetrag nach unten korrigieren.

Trotzdem haelt man die Allianz mit Big Blue in Zukunft fuer aeusserst wichtig; IBM benoetige eben eine gewisse Zeit, um sich auf den hart umkaempften Netzwerkmarkt einzustellen, hiess es dazu lakonisch in Frankfurt. So sollen in Zukunft auch High-end-Ethernet- und Token- Ring-Stackable-Hubs sowie High-end-Switching- und Token-Ring- Technologien gemeinsam entwickelt werden. Unabhaengig davon haben die Internetworking-Spezialisten aber ihre Value-Added-Reseller- Basis durch die Unterzeichnung diverser Neuvertraege erweitert, unter anderem in der Bundesrepublik durch entsprechende Abkommen mit AEG Daimler-Benz und Bosch Telecom.

Darueber hinaus stellte Chipcom in den zurueckliegenden drei Monaten eine neue "Onsemble-Stacksystem"-Familie, bestehend aus High-end- Token-Ring- und Ethernet-Stackable-Hubs, vor, mit deren Hilfe Aussenstellen eines unternehmensweiten Netzwerkes, die bisher auf Chassis-Hubs basierten, in kostenguenstigere Stackable- Architekturen umgewandelt werden koennen.

Logisches Management fuer Switched-LANs

Ferner ist seit kurzem ein High-Performance-"Onsemble-Workgroup"- Switch erhaeltlich, der es Angaben des Herstellers zufolge Unternehmen ermoeglicht, Engpaesse im Netzverkehr zu reduzieren und gleichzeitig die Leistung innerhalb der Workgroups zu verstaerken - indem Ethernet-Netze in zahlreiche kleine LANs unterteilt werden.

Neues "Paradepferd" der Mannen um CEO Rob Held ist aber die dreistufige ATM-Migrationsstrategie "Chipcom Cornerstone Networking Architecture" (CCNA), die Unternehmen einen Ansatz bieten soll, bestehende Netze in virtuelle Umgebungen umzuwandeln sowie Hochgeschwindigkeitsnetze mit Switching-Technik auszustatten. Phase eins sieht dabei das logische Management fuer Switched-LANs vor, in dessen Rahmen den Netzadministratoren visuelle Management-Tools zur Verfuegung gestellt werden, die nicht nur eine physikalische Sichtweise auf Geraeteebene, sondern auch die Ueberwachung der Uebertragung zwischen einzelnen Stationen ermoeglichen. Diese ab dem dritten Quartal 1995 verfuegbaren "Drag- and-drop"-Optionen sollen, wie es bei Chipcom heisst, vor allem die Neukonfiguration von Netzwerken vereinfachen und damit den ersten Schritt vom klassischen LAN zum virtuellen Netz der Zukunft darstellen.

Hauptmerkmale von CCNA sind aber laut Chipcom die Unterstuetzung von Industriestandards und damit die Kompatibilitaet zu Loesungen anderer Hersteller mit dem Ziel, offene Multivendor-ATM-Netze zu realisieren. Damit will die Held-Company dem Beduerfnis der Anwender Rechnung tragen, von ihren Investitionen in ATM-Backbones langfristig profitieren zu koennen. Im zweiten Abschnitt der Migrationsstrategie plant Chipcom daher, innerhalb seiner "Oncore"-Switching-Systemplattform ATM-Switching und LAN-zu-ATM- Switching anzubieten. Dabei ist, wie es heisst, vorgesehen, virtuelle Netze durch Switching vorhandener LANs und Subnetze unter Verwendung der Spezifikationen des ATM-Forums auf emulierten ATM-LANs aufzubauen.

Die dritte CCNA-Phase soll schliesslich Phase zwei um das sogenannte Multiprotocol-Over-ATM-(MPOA-)Layer-3-Switching ergaenzen. Dies wird nach Angaben von Chipcom die vollstaendige Virtualisierung von Netztopologien und damit die volle Ausschoepfung der Bandbreite von ATM ermoeglichen. Die Komponenten, die im Rahmen von CCNA zum Einsatz kommen, erstrecken sich ueber drei Ebenen und demzufolge auf so gut wie das gesamte Chipcom- Produktportfolio: ATM-Campus-Backbones mit virtuellen Netzen, Multiprotokoll-LAN-Switches mit Schnittstellen zu ATM-Netzen sowie stapelbare Hubs, Workgroup-Hubs und ATM-Desktop-Loesungen.