Konzentration im Markt zwingt zur Verstaerkung Seagate plant mit dem Kauf von Conner den bisher groessten Coup

29.09.1995

MUENCHEN (sc) - Die Seagate Technology Inc. will den Erzfeind Conner Peripherals Inc. uebernehmen, um sich fuer den harten Wettbewerb im Massenspeichermarkt zu wappnen. Trotz zahlreicher Akquisitionen in den letzten Monaten duerfte der Kaufpreis von 1,1 Milliarden Dollar Seagate keine Probleme bereiten.

Seagate-Chairman Alan Shugart hat den Willen zur Expansion oftmals geaeussert. Dennoch kam die angekuendigte Conner-Uebernahme fuer die Marktbeobachter ueberraschend. So ist bekannt, dass sich die beiden Firmenchefs Shugart und Finis Conner nicht gruen sind. Beide hatten in den spaeten 70er Jahren gemeinsam Seagate gegruendet. Conner verliess den Massenspeicherhersteller 1985 und baute mit Conner Peripherals eine eigene Firma auf.

Trotz aller gegenseitigen Aversionen der beiden Unternehmensbosse halten Branchenkenner den geplanten Merger fuer keine unfreundliche Uebernahme. Sie vermuten vielmehr, dass Samsung der Ausloeser fuer die ploetzliche Kaufankuendigung war. Der koreanische Konzern will sich bis zum Jahr 2000 unter den weltweit fuenf groessten Anbietern von Festplattenlaufwerken plazieren.

In Branchenkreisen kursierte schon seit einiger Zeit das Geruecht, dass Conner auf der Kaufliste von Samsung steht. "Deshalb war man auch hier ueberrascht, als es ploetzlich hiess, Seagate will Conner kaufen", bekannte Hans-Dieter Blaser, Vice-President Sales, Central Europa, bei der Muenchner Seagate Technology GmbH. Um einer moeglichen Uebernahme durch die Koreaner vorzugreifen, koennte Conner auch selbst aktiv geworden sein, mutmasst ein Analyst.

"Derzeit ist in der IT-Industrie eine starke Blockbildung zu beobachten, die auch in den naechsten Jahren noch anhalten wird", erklaert Horst Gaudian, Finanzberater bei der New York Broker Deutschland AG. Unternehmen, die noch keinen Bloecken zugeordnet sind, haben angesichts dieses Konsolidierungsprozesses die Wahl, sich von den Parteien aufkaufen zu lassen, wie Lotus von der IBM, oder sich zu staerken, um so zu ueberleben. "Diese Entwicklung findet jetzt im Festplattenbereich statt", konstatiert Gaudian.

Seagate scheint sich durch Expansion ueber Wasser halten zu wollen, so ist jedenfalls Shugarts Aussage im "Wall Street Journal" zu werten. "Wir gehen davon aus, dass in der gesamten Computerindustrie eine grosse Konzentration stattfindet." Der Merger wuerde dazu beitragen, dass das Ueberleben der Company auch in zehn Jahren gesichert sei. "Auf diese Weise kommen wir langsam in die Lage, mit den ganz Grossen konkurrieren zu koennen."

Mit der Uebernahme wuerde Seagate zur Nummer eins

Analysten sehen die geplante Akquisition positiv. Die Bandlaufwerke, Disk-Subsysteme und Backup-Programme des Konkurrenten wuerde das Seagate-Angebot bereichern. Zudem verfuege der Uebernahmekandidat ueber hohe Fertigungskapazitaeten im Plattenbereich.

Seagates Kriegskasse ist trotz der Uebernahmeserie in den letzten Monaten noch gut genug gefuellt, um die 1,1 Milliarden Dollar fuer Conner aufzubringen. Dies waere die Summe, die der Konkurrent nach dem derzeitigen Aktienkurs etwa kosten wuerde. Kommt der Deal zustande, erhalten Conner-Aktionaere fuer einen Anteilsschein 0,442 Seagate-Aktien.

Nach Einschaetzung der Auguren duerfte die Akquistion problemlos ueber die Buehne gehen, obwohl neben den Vorstaenden und den Aktionaeren auch noch das US-Kartellgerichts seinen Segen dazu geben muss. Der Merger zwischen Seagate und Conner, die im Markt an zweiter und dritter Stelle liegen, wuerde die Verhaeltnisse veraendern: Zusammen haben beide Unternehmen 35 Prozent Marktanteil und damit mehr als die derzeitige Nummer eins, Quantum.

Shugart hatte bereits vor einiger Zeit kundgetan, dass eine Milliarde Dollar fuer Expansion und Diversifikation zur Verfuegung stehen. Ein Teil der Summe ging fuer Uebernahmen und Beteiligungen im Softwaresektor floeten, etwa fuer Crystal Computer Services Inc., Palindrome Corp., Dragon Systems Inc. und Frye Computer Systems Inc. (siehe CW Nr. 28 vom 14. Juli 1995, Seite 56: "Seagate stuerzt sich mit hohem Tempo ins Software-Business"). Den Rest kann sich das Unternehmen unter anderem ueber die Ausgabe neuer Aktien problemlos im freien Kapitalmarkt beschaffen. Seagate ist an der Boerse mit etwa drei Milliarden Dollar gut bewertet, das Kurs- Gewinn-Verhaeltnis liegt unter zehn. Die Aktie ist nach Analystenmeinung nicht zu teuer.

Auf einen Blick

1994: Seagate/Conner

Einnahmen: 4,5 Milliarden Dollar/2,36 Milliarden Dollar

Gewinn: 260 Millionen Dollar/109 Millionen Dollar

Mitarbeiter: 68 000/11 000

1995 (1. Halbjahr): Seagate/Conner

Einnahmen: 2,5 Milliarden Dollar/1,2 Milliarden Dollar

Verkaufte Einheiten: 2. 7,9 Millionen/5,6 Millionen

Marktanteil: 2. 20 Prozent/13 Prozent

Quelle: IDC, Infoworld