Kontra digitale Hasstiraden

10.10.2001
Internet-Unternehmen haben derzeit viel zu tun: Chat-Räume oder schwarze Bretter werden zugemüllt mit Hasstiraden auf den Islam oder die USA.

Wer plötzlich seinen Namen, seine Adresse und Telefonnummer auf einem schwarzen Brett im Internet entdeckt, ist sicher nicht erfreut. Noch ärgerlicher oder gar gefährlich ist es derzeit, wenn man dabei ob seines Namens als "islamischer Terrorist" beschimpft wird.

Das passierte beispielsweise Hussein Ibish, dem Direktor der Kommunikationsabteilung des "American-Arab Anti-Discrimination Committee". Er und andere Amerikaner arabischer Herkunft wurden auf einem schwarzen Brett von Yahoo unter der Überschrift: "Islamische Terrorgruppen in den USA" aufgeführt. Ibis informierte Yahoo - das Posting wurde entfernt.

Die großen ISPs reagieren auf die Welle von anti-islamischen und anti-amerikanischen Hasstiraden, die auf ihren Websites und Messageboards publiziert wurden: Sie überarbeiten die Kommunikationsbereiche, nehmen verdächtige Websites vom Netz und entfernen Links aus den Ergebnissen von Suchmaschinen. Ein Blick auf Seiten, die inzwischen abgeschaltet wurden, aber über Googles gecachten Website-Service noch zugänglich sind, zeigt, was vielen Providern unangebracht erscheint. Beispielsweise fanden sich beim Gratis-Website-Anbieter Tripod Seiten, die Geld für den islamischen "Heiligen Krieg" einsammeln wollten. Eine andere Seite zeigte Video- und Audio-Clips von Osama Bin Laden beim Ausrufen des Kriegs gegen die USA. Die Seite war verlinkt mit einer Bank in Pakistan, auf der die Spenden eingehen sollten.

Bei AOL ist ein Mitarbeiter nun beispielsweise ständig in einem Chatraum zugegen, in dem auch schon früher anti-arabische Parolen ausgetauscht wurden. Der AOL-Mann erinnert daran, dass rassistische und hasserfüllte Reden bei AOL nicht erlaubt sind. "In diesen überaus sensiblen Zeiten schauen wir ganz genau auf den Content in unserem Netz", sagt AOL-Sprecher Andrew Weinstein. Renitenten Anwendern droht unter Berufung auf die Nutzungsbedingungen der Ausschluss. CNN.com reagierte auf die Flut von Hasstiraden mit der Verdopplung der Zahl der Redakteure, die Nachrichten in den entsprechenden Bereichen prüfen.

Altavista, MSN und Lycos eliminieren potenziell anstößige Suchergebnisse in ihren Verzeichnissen und Listings. Das Verfahren entspricht dabei der Unternehmenspolitik, die Links auf Kinderpornografie- und Spam-Sites verbietet.

"Prinzipiell werden bei uns Suchergebnisse nicht gefiltert", sagt Geoff Strawbridge von Terra Lycos. Würden jedoch Sites auffallen, die den Standards nicht entsprechen, so flögen diese raus.

Google entfernt eigenen Angaben zufolge per Hand keinen Content, den die Suchmaschine findet. Das beträfe auch Inhalte, die von Google-Nutzern als unangebracht, verdächtig oder anstößig empfunden würden. Tolerant zeigt sich auch Earthlink: Hasstiraden auf Websites werden geduldet - solange sie sich nicht gegen einzelne Personen richten. Sei dies der Fall, werde die Site vom Netz genommen. "Wir selber werden bei der Suche nicht aktiv. Wird uns jedoch ein entsprechende Site gemeldet, so prüfen wir das", sagt Earthlinks Vice President Dan Greenfield.

Khalid Iqbal, Director des Amts für amerikanisch-islamische Beziehungen und Empfänger beleidigender E-Mails, ist froh darüber, dass die Anfeindungen im Internet virtuell und nicht physischer Art sind. "Hoffentlich lassen diese Leute den gesamten Dampf im Internet ab."