Bill of Lading goes Digital

Konnossement per Blockchain spart CO2

25.11.2021
Von 
Marcel Kuchler ist seit 2014 in der SAP-Branche tätig und Experte für Intelligente Technologien rund um Blockchain, Data Analytics, IoT und mobile Services. Als SAP-Berater bei der abat AG hilft er Unternehmen bei der Umsetzung ihrer digitalen Transformation unter Zuhilfenahme von Intelligenten Technologien.
Ein Bill of Lading - zu deutsch Konnossement - kann in einer Blockchain im Vergleich zur Papierform eine nicht unerhebliche CO2-Einsparung bedeuten. So das Ergebnis eines wissenschaftlichen Projekts.
Seit 2013 kann das Bill of Lading, zu deutsch Konnossement, auch in digitaler Form als Frachtpapier abgebildet werden.
Seit 2013 kann das Bill of Lading, zu deutsch Konnossement, auch in digitaler Form als Frachtpapier abgebildet werden.
Foto: Abdul Hakam Jahidin - shutterstock.com

Blockchain und Ökologie - das galt bisher eher als Widerspruch. Beispielsweise benötigt laut dem Finanzdienstleister msg die Blockchain zur Abbildung des Bitcoin - mit Millionen von Beteiligten - mehr Energie als die rund 17 Mio. einwohnerstarken Niederlande (Stand Juni 2021).

Doch es gibt durchaus konkrete praktische Anwendungsfälle, in denen der Einsatz von Blockchain-Technologie zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes beitragen kann. Das beweist das EU-geförderte eCONBiL-Projekt (electronical Consignment Note and Bill of Lading - Sustainability in Seafreight) der Hochschule Bremerhaven. Unternehmen wie Kühne + Nagel (Speditionsunternehmen), die DZ Bank, KRAVAG (Versicherer) und MSC (Reederei) waren die Pilotanwender in diesem Forschungsprojekt.

Eine Simulation zeigte: Bei der Umstellung des nach wie vor papiergestützten Seefrachtprozesses auf einen Blockchain-basierten Ablauf könnten über 90 Prozent CO2-Ausstoß eingespart werden.

Das digitale Bill of Lading vs. Papier-Konnossement

Auch wenn das Paperless Office bereits in zahlreichen Verwaltungsprozessen von Unternehmen Einzug gehalten hat: In der Seefracht ist das sogenannte "Bill of Lading", zu deutsch Konnossement, noch immer ein klassisches Papierdokument, das beim Versand eines Containers via Seefracht eine zentrale Rolle spielt. Dieses Dokument ist ein Seefracht-Wertpapier, welches eine Schiffsladung beschreibt und diese wertmäßig repräsentiert. Die Ware kann damit weitergehandelt und noch während des Transportes verkauft werden. Ein Konnossement wird in der Regel durch entsprechende Finanzinstitute ausgestellt, in Deutschland beispielsweise unter anderem durch die Deutsche Zentralbank.

Seit 2013 ist es nach dem deutschen See- wie auch Frachtrecht möglich, Konnossemente elektronisch abzubilden, soweit die Authentizität und Integrität der Transportaufzeichnung gewahrt bleibt. Das heißt, ein elektronisches Dokument muss die gleiche Sicherheit bieten wie ein Papierdokument, was wiederum bedeutet, dass es in der Erstellung fälschungssicher ist, spätere Eintragungen erkennbar und nachvollziehbar sind und es einfach in der Weitergabe sein muss.

Das Prüfen der Frachtpapiere findet heute überwiegend (noch) in Papierform statt.
Das Prüfen der Frachtpapiere findet heute überwiegend (noch) in Papierform statt.
Foto: Janon Stock - shutterstock.com

Und hier kommt die Blockchain-Technologie ins Spiel. All diese Anforderungen können mittels Blockchain-Technologie abgebildet werden. Damit wird jede Änderung in einem Block festgehalten, mit einem Zeitstempel versehen und die Transaktionen werden durch die Vielzahl der Beteiligten in der Blockchain überwacht. Somit lassen sich Transportdokumente per Blockchain schneller, einfacher und sicherer übertragen. Zusätzlich bedeutet dies auch eine enorme Kosten- und CO2-Einsparung je Konnossement, wie im Rahmen des eCONBiL-Projektes ermittelt wurde.

Digitale Konnossemente: Nachhaltiges Blockchain-System?

Die Blockchain-Technologie steht allerdings immer wieder wegen ihres sehr hohen Energieaufwands in der Kritik. Vor allem die Kryptowährungen gelten als regelrechte Stromfresser. In Zeiten des Klimawandels stellt sich daher zurecht die Frage, in welchen Anwendungsfällen Blockchain nicht nur unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit, sondern auch der Nachhaltigkeit eine Zukunft hat.

Lesetipp: Private, Public, Hybrid - Welche Blockchain für welchen Einsatz?

Hierbei ist anzumerken: Die Blockchain-Technologie hat sich seit dem populären Start mit Kryptowährungen rasant weiterentwickelt. Heute lassen Lösungen wie Hyperledger die Schaffung von kleineren Blockchains mit 50 bis 100 Beteiligten je Transaktion zu. Auf der Basis dieser verkleinerten Blockchains lässt sich der gesamte Energieaufwand für die Abwicklung von Konnossementen im Akkreditivgeschäft drastisch reduzieren.

Im Rahmen des eCONBiL-Projektes wurde gemessen, welchen Energiebedarf ein solch geschlossenes Blockchain-System benötigen würde, und dieser mit dem CO2-Fussabdruck der herkömmlichen Papiervariante inklusive Transportkosten verglichen. Das Ergebnis: Nach Simulationen und Hochrechnungen aus dem Projekt ließen sich CO2-Emissionen pro Jahr von aktuell geschätzt 130.000 Tonnen auf etwa 90 Tonnen reduzieren.

Einige Reedereien und Frachtunternehmen haben bereits begonnen, ihre eigenen geschlossenen Systeme zur Abbildung von Seefracht-Konnossementen zu etablieren. Es bleibt abzuwarten, inwiefern es gelingen wird, aus vielen singulären Lösungen global verfügbare, technisch einheitliche Lösungen für die Netzwerkteilnehmer zu schaffen. Dies gilt nicht nur für das hier exemplarisch vorgestellte Konnossement, sondern für Warenwertpapiere aller Art sowie Frachtpapiere, Zollpapiere, Warenursprungszeugnisse etc.

Eines gilt aber jetzt schon als sicher: Mit dem Einsatz von Blockchain können nicht nur wirtschaftliche, sondern auch in besonderem Maße nachhaltige Zielsetzungen erreicht werden. (bw)