Service-Center nimmt Notrufe für Volkswagen entgegen

Kompetenz am Telefon genauso wichtig wie Erreichbarkeit

07.01.2000
KÖLN (sra) - Wer mit seinem VW eine Panne hat, bekommt hier Hilfe: Das Service-Center Jäger Schmitter Dialog GmbH aus Köln wickelt für Volkswagen und Audi sowie für verschiedene andere Kunden nicht nur Notrufe ab, sondern beantwortet auch Briefe, Faxe und Anfragen aus dem Internet.

Bei der Notfallhilfe von Volkswagen klingelt das Telefon. Ein Autofahrer ist mit seinem Wagen auf der Autobahn zwischen Frankfurt und Würzburg liegen geblieben. Der Mitarbeiter des Service-Centers Jäger Schmitter Dialog nimmt die Daten des Vorfalls auf: Um welchen Fahrzeugtyp handelt es sich? Wie heißt der Fahrer? Hat er ein Telefon? Was ist los mit dem Auto? Wo steht es? Oft weiß der Autofahrer nicht genau, wo er sich befindet. Dann hilft ihm der Agent beim Einkreisen des Standorts. Schließlich verbindet er den Anrufer mit der nächstgelegenen Werkstatt.

Insgesamt beschäftigt das Call-Center rund 400 Mitarbeiter. Es leistet seinen Service seit rund zehn Jahren für Volkswagen, Audi, Seat und Skoda, hat aber auch Kunden, die nicht aus der Automobilbranche stammen.

Volkswagen entschied sich damals für ein externes Call-Center, weil immer deutlicher wurde, dass sich die Kunden nicht in jedem Fall - wie eigentlich vorgesehen - an den Händler wandten, sondern auch beim Konzern selbst vorstellig wurden. Das Unternehmen hatte jedoch damals keine Struktur für den direkten Kontakt zum Kunden aufgebaut.

Allein zum Thema Notdienst erhält das Service-Center rund 25000 Anrufe im Monat. Neben Telefonanrufen werden dort aber auch Briefe, Faxe und E-Mails bearbeitet. "Wir haben heute ein größeres Aufkommen von Fragen via Internet als über Briefe", berichtet Bernd Schmitter, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. In Zukunft erwartet er hier sogar noch eine Steigerung. Auf Anfragen aus dem Internet muss das Service-Center, so die Vorgaben, innerhalb einer halben Stunde reagieren.

Für den Notruf setzt VW bisher die gebührenfreie Nummer 0130/9900 ein, andere Anfragen werden unter 0130/3102 beantwortet. Die bearbeiteten Anliegen reichen von der Infomaterial-Bestellung über Beschwerden und Nachfragen ("Wann kommt das Ersatzteil?") bis hin zu Verbesserungsvorschlägen. Nach der Jahrtausendwende soll die Vanity-Nummer 0800-VWService die bisherige Notruf-Hotline ablösen.

Für die Anrufverteilung verwendet das Unternehmen eine ACD-Anlage (ACD = Automatic Call Distribution) von Ericsson. Sprachgesteuerte Systeme werden eingesetzt, um den Anrufer darüber zu informieren, wo er gelandet ist, und ihn beispielsweise an den VW- oder Audi-Service weiterzuleiten. Manchmal ist das problematisch, weil der Sprecher nicht verstanden wird, wenn er zum Beispiel das Autotelefon benutzt. Für das Beschwerde-Management hat der Auftraggeber eine spezielle Software zur Verfügung gestellt.

Die Technik wählt DV-Leiterin Martina Böhmer stets so aus, dass sie überschaubar bleibt. Das soll die Wartung erleichtern. "Die Technik bietet viele Möglichkeiten", weiß die IT-Fachfrau. "Aber nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch sinnvoll."

Beispielsweise gibt es Systeme, die Anrufer identifizieren. Doch die haben ihre Grenzen: Was ist, wenn der Anrufer nicht identifiziert werden kann? Wenn er immer von einem anderen Telefon aus anruft? Oder wenn er die Nummer gar nicht übermittelt?

Auch Dialler sind in diesem Zusammenhang wenig sinnvoll, da die Gespräche eine sehr unterschiedliche Länge haben können. Nicht viel besser sieht es mit dem Einsatz einer Personalplanungs-Software aus: "Ob es an einem bestimmten Tag friert oder nicht, kann keine Personalplanungs-Software der Welt vorhersagen", erläutert Schmitter. Stattdessen hält die Gesellschaft lieber einen relativ großen Bereitschaftsdienst vor.

Das wertvollste Gut für die Notruf-Hotline sind selbstverständlich die Mitarbeiter. Wie Schmitter berichtet, sind die Anforderungen an die Agenten sehr hoch: "Die müssen hochsensibel sein. Für den Autofahrer gibt es an dem Tag nichts Schlimmeres, als liegen geblieben zu sein." Deshalb müssen sich die Mitarbeiter einem Assessment unterziehen, ehe sie ans Telefon dürfen.

Agenten sind fest angestellt

Auch später nehmen Schulungen rund 20 Prozent der Arbeitszeit ein. "Wir haben früher den Fehler gemacht, auch die zweite Liga zu nehmen, wenn wir dringend Arbeitskräfte brauchten", bekennt Schmitter. "Heute würden wir eher auf einen Auftrag verzichten." Zur Begründung verweist er auf den möglichen Image-Schaden. Das Thema Erreichbarkeit rückt zunehmend in den Hintergrund. Wichtiger ist die Kompetenz am Telefon.

Die Agenten werden alle fest angestellt. Das macht eine gewisse Auslastung erforderlich. Daher versucht Schmitter, auch mit den Kunden langfristige Verträge auszuhandeln.

Die Arbeitseinsätze der Mitarbeiter werden über Arbeitszeitkonten geregelt. Organisatorisch ist jedem Kunden ein Projektleiter zugeordnet. Dafür, dass die Wünsche des Kunden und die Direktiven der Projektleiter umgesetzt werden, sorgen interne Dienstleister. Sie teilen sich auf drei Bereiche auf: Call-Center, Kundenkorrespondenz sowie Information und Kommunikation.

Insgesamt bewertet Schmitter diese Organisation als positiv. Zu Konflikten komme es nur dann, wenn zwei Projekte darum streiten, welches den Vorrang habe. Für die Zukunft plant er, den Aktionsradius des Call-Centers auf ganz Europa auszuweiten.