Kommunikationstraining per Mikrocomputer:"Persona" schult zwischenmenschlichen Umgang

15.11.1985

Ein Softwarepaket macht von sich reden: Persona, ein Programm, das die zwischenmenschliche Kommunikation im Beruf schulen soll. Doch der Einsatz dieses Psycho-Verfahrens ist nicht unumstritten. Für und Wider des Trainingssystems stellt Angelika Schrader* im folgenden Beitrag dar.

Es ist wirklich nichts Neues, daß Mikrocomputer heute auch zur Verbesserung der Kommunikation im technischen Sinne eingesetzt werden. Um die Inhalte zwischenmenschlicher Kommunikation geht es hingegen bei einer außergewöhnlichen PC-Anwendung. "Persona" dürfte beim Anwender auf alle Fälle für Wirbel sorgen - sowohl vom Nutzen als auch von den möglichen Angriffspunkten des Systems her. Dieses Software-Produkt greift nämlich in einen äußerst sensiblen Bereich ein und bietet ihn seinen Anwendern als Werkzeug an. Gemeint ist das eigene Verhalten und die eigene Wirkung auf seine Mitmenschen im innerbetrieblichen Bereich oder beispielsweise im Verkaufsgespräch.

Hintergrund des Trainingssystems ist folgende Überlegung: Erfolg im Umgang mit Mitarbeitern, Kunden und unterschiedlichsten Gesprächspartnern basiert auf effizienter Kommunikation auf zwischenmenschlicher Ebene. Kommunikation ist effizient, wenn sie Vertrauen bildet. Vertrauensbildung aber ist eine Frage des eigenen Verhaltens, der Persönlichkeit.

"Wie wirke ich auf andere, wie bilde ich Vertrauen?" sind daher Kernfragen aller Seminare und Schulungen, die in der Bundesrepublik die Münchner Atlantic Consultants, einer Softlab-Tochter, initiiert. Die Analyse des eigenen Kommunikationsverhaltens wird auf Basis von Fragebögen mit Hilfe des Mikros vorgenommen. Die Fragebögen enthalten eine Fülle von Begriffspaaren, mit denen eine Personengruppe den zu analysierenden Teilnehmer beschreiben soll. Die Erkenntnisse dienen zum einen dem bewußteren Einsatz der individuellen Stärken, zum anderen schärfen sie das Gespür der "Geschulten" für das Wesen ihres Gegenübers und sollen bei der Entwicklung von Gesprächsstrategien helfen.

Das Für und Wider von Trainingssoftware dieser Art liegt auf der Hand: Die Skepsis gegenüber dem Rechner, der über den sozialen Stil eines Schulungsteilnehmers auf Basis der Fragebögen Auskunft und darüber hinaus auch noch Tips für günstige Gesprächsstrategien gibt, läßt sich nur schwer abbauen. Mikrocomputer stehen an mehr und mehr Arbeitsplätzen und werden in der Praxis nur schwerlich als Informant über Persönliches akzeptiert. Mit der Auswertung der Fragebögen im PC werden personenbezogene Daten zeitweise gespeichert. Zudem enthüllt Persona, die Weichteile des "Gesprächspartners", wie Fritz Rumpler, Direktor des technischen Kundendienstes bei Honeywell Bull in Wien, feststellt. "Nicht jeder kann damit umgehen." Bull hat eine Gruppe von Mitarbeitern mit Persona schulen lassen, um die Kommunikation untereinander zu verbessern und vor allem den Verkauf zu unterstützen. Erfahrungen mit den Erkenntnissen des Seminars werde man erst langfristig machen, doch sei die geschulte Aufmerksamkeit gegenüber der Umwelt ein wichtiges persönliches Werkzeug.

Fundierte Erfahrungen mit dem Psycho-Verfahren Persona hat Rolf Meyer, Institutsleiter der Wiener (Baden) VOA-lnstitute (Verhaltensorientierte Ausbildung) für Management, Marketing und Verkauf, gesammelt. In den vergangenen sechs Monaten wurde 250 bis 300 Personen der Sinn fürs Zwischenmenschliche im Beruf geschärft. "Natürlich wird besonders auch die Datenschutzfrage diskutiert. Den Computerausdruck über den sozialen Stil des Teilnehmers händigt der Seminarleiter persönlich aus, und wir müssen den Schutz der persönlichen Daten garantieren. Wir warnen außerdem davor, aus Hilfen wie Persona ein Patentrezept und den PC-Ausdruck über den sozialen Stil zur Bibel zu machen."

Chancen für Verfahren dieser Art sieht Meyer bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter und weist auf den Zuspruch hin, den Persona etwa beim Personalrat von Honeywell Bull in Wien gefunden hat. Die Resonanz der Schulung sei im Verkaufsbereich jedoch am größten gewesen, weil Mitarbeitern im Vertrieb ein Werkzeug in die Hand gegeben werde, mit schwierigen Gesprächspartnern umzugehen: "Wenn man als Pharma-Vertreter nur durchschnittlich sechs bis sieben Minuten Zeit für das Gespräch mit dem Arzt hat, muß diese Zeit optimal genutzt werden."

Gesprächssituationen zu beherrschen und die Kommunikation zu verbessern, waren auch bei General Mills, Paris, Ziel der Schulung. Claude Mondenschein, Directeur Commerciale bei dem Spielzeugwaren-Hersteller, beschreibt das Verfahren als das, was gleichermaßen Sinn und Ansatz zur Kritik gibt: "Ein Werkzeug zur Manipulation. Man kann lernen, seinen Gesprächspartner von der Persönlichkeit her einzuordnen und dieses Wissen strategisch zu nutzen."

Effiziente Analyse des Kommunikationsstils

Bleibt abzuwarten, wie sehr ein Werkzeug wie dieses im bundesdeutschen Kommunikationstraining Vertrauen erwecken kann. Seine Effizienz bei der Analyse des Kommunikationsstils scheint jedenfalls unstrittig zu sein. Absehbar ist die Nutzung des Verfahrens nach der Selbst-Analyse und der des Gesprächspartners auch im sachlichen Bereich: Dort sollen auf gleiche Weise identifizierte Produktmerkmale den individuellen Kundenwünschen gegenübergestellt werden - total sale sozusagen.

*Angelika Schrader ist freie Fachjournalistin in München.