Anwender müssen an die Applikationen herangeführt werden

Kommunikation im Büro der Zukunft: LANs, MANs und WANs

17.05.1991

Neben lokalen werden Wide und Metropolitan Area Networks (WANs und MANs) für Büro-Arbeitsplätze zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wie die Kommunikation im Büro in Zukunft durch diese Entwicklung beeinflußt wird, diskutiert Paul Maciejewski*.

LANs sind dafür ausgelegt, eine Anzahl von Rechnern und peripheren Geräten, die sich in räumlicher Nähe befinden, miteinander zu verbinden. Normalerweise überschreiten LANs eine Ausdehnung von zehn Kilometern nicht. Dagegen verbinden WANs Rechner über große Entfernungen, in der Regel mehrere hundert Kilometer. Es existieren sowohl öffentliche als private WANs.

MANs hingegen - der Mittelweg zwischen LAN und WAN sollen zukünftig verstärkt den regionalen Kommunikationsbedarf, insbesondere in Ballungsgebieten, abdecken. In der Bundesrepublik befinden sie sich zur Zeit im Aufbau (unter anderem im Großraum München und Stuttgart).

Neue Qualifikationen

Sei t Beginn der 80er Jahre ist der Computermarkt durch die PC-Entwicklung in Bewegung geraten. Viele Hersteller haben sich Marktnischen gesucht. Folge: Für die Anwender ist ein umfangreiches Angebot am PC- und Netzwerk-Markt entstanden, das zwangsläufig immer wieder neue Impulse bei der Netzorganisation setzt.

Durch die Umgestaltung der Netze wurde eine gleichzeitige und dynamische Bewegung bei der Hard- und Software-Entwicklung ausgelöst, die sich bis heute fortsetzt. Nach Jahrzehnten der tayloristischen Arbeitsteilung, wo die einzelnen Arbeitsgebiete in immer kleinere und einfachere Arbeitsschritte aufgeteilt wurden, setzt sich zunehmend eine integrierte Vorgangsbearbeitung durch.

Es findet somit durch die Vernetzung eine Vergrößerung des Arbeitsspektrums jedes einzelnen statt, egal ob es sich um ein reines PC-Netz, LAN oder um ein anderes Netz handelt. Das allerdings bedingt veränderte Qualifikationsanforderungen an diesen reorganisierten Büroarbeitsplätzen. Im Gegensatz zum tayloristischen System werden hierbei vom einzelnen Mitarbeiter verschiedenste Aufgabensituationen berücksichtigt und individueller bearbeitet. Diese Erhöhung der Flexibilität ist erst durch die zunehmende Vernetzung ermöglicht worden.

Heute sind wir im Büro durch die Rechnervernetzung an einer Stelle angelangt, die von jedem Mitarbeiter ein größeres Spektrum an Aufgaben verlangt. Technisch kann dies nur dadurch erreicht werden, daß mit gleicher Technologie mehrere Tätigkeiten von einem Platz aus durchgeführt werden können.

Das Schlagwort hierfür lautet Diensteintegration. In vielen Unternehmen werden die einzelnen Funktionen der Informationsübermittlung heute überwiegend noch nebeneinander genutzt. Das heißt, neben dem PC steht ein Fax-Gerät, neben dem Telefon befinden sich ein Telex- und Teletexgerät sowie ein Anrufbeantworter.

Das Fundament für den Informationaustausch auf überregionaler Ebene legte die Telekom mit der Errichtung eines leistungsstarken Netzes (ISDN). Es macht keinen Sinn, einerseits eine komplexe Integration im Büroautomationsbereich anzustreben, wenn auf der anderen Seite aufgrund fehlender Übertragungskapazitäten keine gesicherten Verbindungen hergestellt werden können.

Das Schmalband-ISDN wird jedoch bald an seine Grenzen stoßen. Um zukünftig die Übertragung großer Informationsmengen über weite Strecken sicherzustellen, muß ein forcierter Ausbau für die nationale und internationale Breitbandkommunikation stattfinden. Insbesondere die Bundesrepublik ist durch ihren hohen Exportanteil auf eine schnelle Kommunikation mit dem Ausland angewiesen.

Aus Sicht eines mittelständischen Unternehmens lassen sich häufig folgende Anforderungen beziehungsweise vorhandene Schwachstellen bestehender BK-Systeme nennen:

Im Bereich der eingesetzten Anwendungen (unter anderem Fibu, TV, Fax) kann die momentane Organisationsstruktur nur teilweise berücksichtigt werden. Durch Standardpakete wird automatisch eine gewisse Arbeitsstruktur, nach der die Kommunikationsaufgaben erledigt werden, vorgegeben.

Es lassen sich somit Umstrukturierungen nicht oder teilweise nur sehr umständlich realisieren. Darüber hinaus ist festzustellen, daß den Anwendern nicht genügend Hilfestellung in den entsprechenden Netzanwendungen gegeben wird. Das führt zu häufigen Rückfragen und stört den normalen Arbeitsablauf.

Anwendungen sind stärker modular aufzubauen. Darüber hinaus muß jedes Anwendungsmodul den Ansprüchen entsprechend situationsabhängig variierbar sein. Außerdem ist die Benutzeroberfläche übersichtlicher zu gestalten. Die Hilfefunktionen müssen eindeutig und unmißverständlich, jedem Anwender Hilfe leisten können, um unnötige Arbeitsunterbrechungen zu vermeiden.

Von Vorteil ist eine Window-Technik, die es ermöglicht, daß sich zum Beispiel drei Anwendungen gleichzeitig aufrufen lassen. Damit wären langatmige Anwendungsabbrüche und -aufrufe beseitigt.

Gerade im LAN-Bereich wird unter anderem das Ziel verfolgt, Arbeitsplätze mit hohen kreativen Anteilen mit schnelleren und leistungsfähigeren PCs auszustatten. Es soll gewährleistet werden, daß die Arbeit mit komfortablen Anwendungen (zum Beispiel Graphikprogramme) schneller und besser durchzuführen ist.

Offenere Netzumgebung erweitert Aufgabenfeld

Die zukünftigen verletzten BK-Systeme werden laut Aussagen der Hersteller offener und flexibler sein. Mit dieser System-Offenheit verändert, sich jedoch erneut die Nutzungsbreite des einzelnen Anwender-Arbeitsplatzes. Hier können Probleme auftauchen, wenn die einzelnen User nicht ausreichend an die neuen Aufgabenanforderungen herangeführt werden. Einerseits ermöglichen neue BK-Systeme eine schnellere Aufgaben- und Strukturanpassung. Es stellt sich aber die Frage, ob sich eine Anpassung an veränderte Aufgabenstrukturen durch den Benutzer in der gleichen Zeit realisieren läßt.

Natürlich bietet die Möglichkeit, in vernetzter Umgebung spezifischer und zugleich kreativer arbeiten zu können, eine Qualitätsverbesserung im Rahmen der Wertschöpfung am eigenen Arbeitsplatz. Allerdings müssen die Rahmenbedingungen hierfür gegeben sein. Im Klartext heißt das, daß qualitativ höherwertigere Anwendungen nur mit entsprechend ausgebildeten Anwendern zu einer merklichen Verbesserung führen. Was nützen Hochleistungs-MANs innerhalb von Ballungsgebieten, wenn die Anwender nicht entsprechend im Hinblick auf die Vorteile der Anwendung geschult wurden?

Ein weiteres Problem ergibt sich, wenn eine zu schnelle und überhastete Heranführung an neue Netze erfolgt. Dadurch können beim Anwender bestehende Berührungsängste vertieft oder neue erzeugt werden. Das führt zur Demotivation und schadet der Sache.

Gründliche Organisationsplanung

Bei zunehmend leistungsfähigeren Netzen kann außerdem die Verselbständigung einiger Anwender aus der Organisationsstruktur problematisch sein. Durch die individuellere Aufgabenbearbeitung, geschaffen durch höhere Übertragungsraten, werden Aufgabenstrukturen immer weniger eindeutig vorgegeben.

Bei Einführung von WANs und insbesondere MANs sind deshalb durch klare Aufgabenstrukturen neue Grenzen für den einzelnen Mitarbeiter zu schaffen, die auch Führungskräfte überwachen. Sonst könnte es passieren, daß nicht geplante Arbeitsablaufstrukturen durch einige Benutzer von Hochleistungsnetzen künstlich erzeugt werden.

Eine derartige Situation ist vorstellbar, wenn sich einige Mitarbeiter einer Aufgabenebene den Aufgaben widmen, die sie besonders präferieren. Dadurch können andere Mitarbeiter dieser Ebene benachteiligt werden, was zwangsläufig zu gruppeninternen Unstimmigkeiten führt.

Überträgt man dieses Problem auf das gesamte Unternehmen, so muß zukünftig noch stärker als heute eine gründliche Organisationsplanung der Einführung von Hochleistungsnetzen vorausgehen, um der zu verändernden technologischen Umgebung den Weg zu ebnen.

Ausblick: Der Büroarbeitsplatz wird sich durch die zunehmende Vernetzung beigleichzeitig ansteigender Übertragungsgeschwindigkeit der Informationen in der Industrie und in öffentlichen Instituten entscheidend verändern. Es wäre eine positive Veränderung, wenn Problemansätze rechtzeitig erkannt und beseitigt werden.

Die Zeit der allgemeinen Anpassung an die Technik läßt sich mit Netzen überwinden. Der. einzelne Benutzer hat zukünftig viel mehr Möglichkeiten, durch schnelle Netze seine Kreativität individueller bei Problemen einzubringen. Für das Unternehmen bedeutet das, daß sich eine größere Motivation bei den Mitarbeitern frei. setzen läßt. Es wird ein Leistungspotential neu geschaffen, das heute noch keiner exakt vorhersagen kann.

Natürlich wird sich damit auch die Ausbildung im Büro drastisch verändern. Die Devise lautet dann: weg von der einfachen Funktionsausführung und hin zur selbstgestalteten Problemlösung unter freier Anwendung des gesamten Kommunikationspotentials. Die heute noch in den Anfängen steckenden Multimedia-Systeme dürften hierzu einen entscheiden, den Beitrag leisten.

Volkswirtschaftlich gesehen kann die Umstrukturierungsgeschwindigkeit der Bürokommunikationslandschaft und der mit ihr verbundenen Netze Über den Vorsprung gegenüber anderen Nationen entscheiden. Weil die Bundesrepublik Deutschland stark von ausländischen Märkten abhängt, ist eine schnelle Akzeptanz der neuen Netze ein sehr entscheidender Faktor.

Technologisch betrachtet rücken LANs immer mehr ins Zentrum strategischer Planungen innerhalb der IV-Abteilungen von Unternehmen. PCs im Verbund mit der Großrechnerwelt werden zum State of the Art.

Der Weg in Richtung Heterogenität

Die Entwicklung tendiert, insbesondere in Großunternehmen, immer mehr in Richtung konzernweiter Rechnerverbände (WANs), bei denen sich jede Rechnerplattform einbinden läßt. Diese Entwicklung wird einerseits durch Standardisierungsgremien unterstützt, andererseits von Herstellern, die eine Anbindung an fast alle, Welten ermöglichen. Wir bewegen uns eindeutig in Richtung absoluter Heterogenität, bei der sich Rechner verbinden lassen, unabhängig von ihren benötigten Protokollen.