Kommunen müssen Aufträge für Softwarelösungen öffentlich ausschreiben

02.11.2006
Das Oberlandesgericht Celle (OLG) hat entschieden, dass Kommunen Aufträge für Softwarelösungen erst nach einer öffentlichen Ausschreibung vergeben dürfen.

Die Entscheidung des Gerichts kam im spröden Juristendeutsch daher, aber sie birgt Sprengstoff für viele deutsche Kommunen. Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Celle hat - wie jetzt veröffentlicht - am 14. September 2006 den Beschluss der Vergabekammer beim Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr aufgehoben.

Der Antragsgegner, die Kommunale Datenzentrale Südniedersachsen (KDS), wird nach dieser Entscheidung verpflichtet, eine von ihm benötigte Softwarelösung für den Sozialbereich erst zu beschaffen, wenn vorher ein rechtmäßiges europaweites Vergabeverfahren stattgefunden hat.

Mit anderen Worten: Es muss eine ordnungsgemäße Ausschreibung stattfinden. Die Richter urteilten trocken: "Diesbezüglich etwa bereits abgeschlossene Beschaffungsverträge sind nichtig. Die Kosten des Verfahrens und die notwenigen Auslagen der Antragstellerin vor der Vergabekammer hat der Antragsgegner zu tragen." Antragstellerin war das Dortmunder Softwarehaus Lämmerzahl GmbH. Der Streitwert war nicht gering: Rund 24.300 Euro.

Im November 2004 hatten die Landkreise Göttingen und Osterrode am Harz beschlossen, bis dahin benutzte Software für Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und dem Asylbewerberleistungsgesetz durch eine andere Lösung zu ersetzen. Die Landkreise beauftragten zur Beschaffung ihren kommunalen IT-Dienstleister, die KDS. Als sich im Laufe des Jahres 2005 die Einführung dieser Software auf unbestimmte Zeit verzögerte, ließ sich das Ministerium die Software eines anderen Anbieters präsentieren.

Anstatt ein EU-weites Vergabeverfahren auszuschreiben, vergab man den Auftrag direkt an diesen Anbieter. Insgesamt sollte die Lösung fast eine halbe Million Euro kosten. In den Kosten waren die Nutzung und eine Laufzeit für die Software bis zum 31. Dezember 2010, die Softwarepflege, die Bereitstellung der technischen Infrastruktur, die Installation, die systemtechnische Administration und die Betreuung enthalten.

Die Lämmerzahl GmbH hatte seit Anfang 2004 mehrfach ihr Interesse an einer Auftragserteilung bekundet, war aber nicht zum Zug gekommen, obwohl kein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren vorlag. Die Dortmunder legten deshalb Beschwerde bei Gericht ein und bekamen nun Recht.

Das Urteil ist insofern von Bedeutung, als verschiedene deutsche Kommunen Aufträge für Softwarebeschaffung, die eine gewisse Größenordnung überschreiten, ebenfalls nicht via öffentliche Ausschreibung vergeben haben oder diese zu umgehen versuchen. Gegen die Städte Bremen und Stuttgart laufen nach Informationen dieser Zeitung ebenfalls juristische Verfahren. (jm)