Kommentar: Business Objects Wettlauf ist beendet

08.10.2007
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Sascha Alexander ist seit vielen Jahren als Redakteur, Fachautor, Pressesprecher und Experte für Content-Strategien im Markt für Business Intelligence, Big Data und Advanced Analytics tätig. Stationen waren unter anderem das Marktforschungs- und Beratungshaus BARC, die "Computerwoche" sowie das von ihm gegründete Portal und Magazin für Finanzvorstände CFOWORLD. Seine Themenschwerpunkte sind: Business Intelligence, Data Warehousing, Datenmanagement, Big Data, Advanced Analytics und BI Organisation.
Der geplante Verkauf des führenden Anbieters von Software für Business Intelligence an die SAP macht Sinn und überrascht doch. Business Objects konnte die Früchte seiner Marktstrategie nicht mehr einbringen, darf aber auf eine Sonderrolle im SAP-Konzern hoffen.

Wollte Business Objects nun gekauft werden oder nicht? Widersprüchlich waren die Signale, die da vom Platzhirsch für Business Intelligence (BI) in der letzten Zeit kamen. So kursierten einerseits immer wieder Gerüchte, dass sich das französisch-amerikanische Unternehmen zum Kauf angeboten hätte. Doch erst Ende September 2007 wurde es konkret, als bekannt wurde, der Hersteller habe die Investmentbank Goldman Sachs mit der Suche nach einem potenten Käufer beauftragt. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde die SAP als Favorit gehandelt, was sich nun mit dem Milliardenangebot der Walldorfer bewahrheitet hat.

Business Objects wollte weiterwachsen

Dennoch gibt es mindestens einen Punkt, der gegen einen von langer Hand geplanten Mega-Deal im BI-Markt spricht: Die bisherige Produktstrategie beider Anbieter. So hatte die SAP bisher immer strikt abgelehnt, große Zukäufe zu tätigen, und Business Objects befand sich seit Monaten auf Einkaufstour. Die Strategie von Business Objects war dabei darauf angelegt, als BI-Hersteller eine möglichst vollständige Produktplattform aufzubauen, die sowohl die diversen Formen der Datenintegration, das Datenqualitäts-Management, Analyse und Reporting als auch Finanzanalysen und Corporate Performance Management (CPM) abdecken sollte. Hinzu kamen neue Ansätze und Vertriebsmodelle wie BI und Suchtechnik, BI für den Mittelstand, mobile BI-Lösungen und BI-Software zu Miete. Spezialisten wie Crystal Decisions (Standardreporting), SRC (CPM), Firstlogic (Datenqualität), Armstrong Laing (CPM), Cartesis (CPM), Inxight (Text Analytics), Nsite (BI als Mietsoftware) und noch Mitte September Fuzzy Informatik (Datenqualität) wurden dabei geschluckt. Und auch in den Büchern sahen in diesem Jahr die Dinge wieder gut aus. So konnte Business Objects nach der Delle in 2006 in den letzten Quartalen in allen Regionalmärkten und Produktlinien wachsende Umsätze und Nettogewinne melden. Aufgrund der guten Zahlen hob Business Objects im letzten Quartal (Ende: 30.Juni 2007) die Jahresprognose für 2007 leicht an und rechnete mit Umsatzerlösen zwischen 1,52 und 1,53 Milliarden Dollar für das Geschäftsjahr.

Wer hat wen gesucht?

"Ob Business Objects wirklich aktiv gesucht hat, ist nicht sicher", kommentiert denn auch Andreas Bitterer, Vice President Research und BI-Experte bei Gartner, die Ankündigung. Die vielen Zukäufe und das gute Geschäft sprächen eine andere Sprache: "Business Objects wollte der Größte im BI-Markt sein". Auch wollte sich die SAP auf dem BI-Gebiet verstärken und könnte durchaus den ersten Schritt getan haben. Andererseits hatte die SAP bis heute vor allem auf eigene Entwicklungen, punktuelle Zukäufe und Partner gesetzt. So wurde kürzlich noch mit dem Datenintegrationsspezialisten Informatica eine Wiederverkäuferabkommen vereinbar die kleineren CPM-Anbieter Anbieter Outlooksoft und Pilot Software erworben. Mit Business Objects kommt nun entsprechende Technik neuerlich ins Haus. Dennoch passen die beiden Hersteller gut zusammen. So hatte Business Objects (und vormals Crystal Decisions) eine enge Partnerschaft mit SAP im Reporting unterhalten, die allerdings jäh beendet wurde. Hier könne man nun wieder anknüpfen und SAP-Kunden Tools für das Enterprise Reporting Produkte bieten, sagte Gartner-Analyst Bitterer. Auch bei der Technik für Datenintegration zeige das SAP-Angebot bisher "eklatante Mängel", die sich durch den Deal nun aus der Welt schaffen ließen, das Abkommen mit Informatica aber in Frage stellten.

Zustände wie bei den Autobauern

Andererseits müsse SAP aber Rücksicht nehmen auf die vielen existierenden Anwender des Bex-Clients für das "SAP Business Informationen Warehouse". Dieser sei laut Bitterer mit der aktuellen Version zu einem passablen Analyse-Tool herangereift und konkurriere nun mit dem Angebot von Business Objects. Überscheidungen gebe es auch zwischen den CPM-Produkten beider Hersteller. Doch diese wie immer bei einer Übernahme aufbrausende Debatte über die künftige Integration der Produkte könnte in diesem Fall gar nicht so wichtig sein. Bisher sieht es so aus, als wolle die SAP die Produkte von Business Objects parallel weiterentwickeln und sogar das bisherige Top-Management behalten. Eine engere Integration in die "Netweaver"-Infrastruktur besitzt keine hohe Dringlichkeit, zumal die rund 45 000 Kunden von Business Objects vermutlich wenig für einen Umstieg übrig haben werden, wenn dieser keine Mehrwert bietet.

Vielmehr hat auch Bitterer den Eindruck, dass es der SAP vor allem um Marktanteile und Kunden geht als um technische Finessen. "Herr Kagermann spürt Oracle im Nacken". Durch den Kauf könne sich die SAP im Wettrennen mit Oracle wieder Luft verschaffen und seine Umsätze steigern. "Die Übernahme zeigt Parallelen zur Automobilindustrie, in der es Konzerne mit verschiedenen Marken gibt". Für den BI-Markt ist der Kauf indes nur ein weiterer Schritt in die Konsolidierung. "Der Deal hat einen Domino-Effekt. Nun stehen nur noch wenige große Steine wie Cognos und SAS Institute." Doch wie sehr sich auch Hersteller unterschiedlichster Herkunft vermischen und verbinden, BI als Anwendung wird ihre Bedeutung behalten. (as)