Bald am Ende

Kommentar

01.05.1987

Integrierte Pakete waren bisher ein Kompromiß zwischen Komfort und Leistung: Software, die wie Framework II eine einheitliche und freundliche Benutzeroberfläche bot, stieß schnell an ihre Leistungsgrenzen; Programme wie Open Access oder Smart, bei denen die Leistung einzelner Module an die von "Stand-alone"-Paketen reichte, machten ehe den Eindruck mehr oder weniger glücklich ausgewählter und verbundener Einzelprogramme.

Ein Problem konnten beide Spezies nicht lösen: die Schwächen einzelner Programmteile, die beim Anwender immer wieder den Wunsch nach austauschbaren Modulen weckten und manchen veranlaßten, doch wieder mit dedizierten Programmen zu arbeiten.

Was Wunder, daß etliche Anbieter statt integrierter integrierbare Software propagierten. Die vielen Versuche, leistungsfähige oder nach persönlichen Präferenzen ausgewählte Einzelpakete unterschiedlicher Anbieter zu kombinieren, scheiterte freilich regelmäßig an nicht standardisierten Dateiformaten und Benutzeroberflächen.

Mit der Ankündigung des Operating System /2 ergeben sich für nicht kompromißbereite Anwender nun völlig neue Perspektiven. OS/2 wird es Softwareentwicklern nicht nur erleichtern, integrierbare Programme zu schreiben: Sie werden gezwungen, Software zu liefern, die mit anderen Programmen Daten austauschen, wahrend des Ablaufs mit anderen Programmen kommunizieren oder gar andere Programme aufrufen kann.

Der Plan der IBM, eine erweiterte Version von OS/2 mit einem SQL-Datenbank-Kern anzubieten, zeigt an, in welche Richtung der Zug geht, auf den auch andere aufspringen werden. Denkbar waren Textverarbeitungsmodule, die von Spreadsheets aus, oder Grafikmodule, die aus der Textverarbeitung heraus genutzt werden können.

Interessant ist die damit mögliche Prozeß-zu-Prozeß-Kommunikation etwa dann, wenn Spreadsheets vom Inhalt einer Datenbank abhängig sind und die Ergebnisse der Tabellenkalkulation entweder eine neue Datei ergeben oder zur Aktualisierung des bearbeiteten Bestandes dienen sollen.

Von diesen weiterreichenden Möglichkeiten einmal abgesehen, ergeben sich aus den Multitasking-Eigenschaften von OS/2 auch heute schon einsichtige Vorteile: Wahrend die Datenbank im Hintergrund mit einer komplexen Auswertung beschäftigt ist, können im Vordergrund die Grafiken für die nächste Präsentation vorbereitet werden. All dies wird unabhängig vom Hersteller der jeweiligen Software unter einer weitgehend vereinheitlichten Benutzerschnittstelle - dem Windows-Derivat "Presentation Manager" - geschehen.

Kurz: Integrierte Software mit all ihren Schwächen wird irgendwann Ende der 80er Jahre der Vergangenheit angehören.

Joachim Herbert ist Chefredakteur der CW-Schwesterpublikation PC-WOCHE.