Enterprise Architecture

Königsdisziplin und Schweißtreiber

12.10.2011
Von Stefan Ueberhorst

Wann lohnt sich EAM

Wer jedoch angesichts dieser umfassenden Strukturierung glaubt, EAM sei nur etwas für Konzerne, der irrt. Bereits für mittelgroße Unternehmen sei EAM unbedingt notwendig, wenn die IT-Landschaft heterogen und komplex ist, meint Stefan Ried, Senior Analyst bei Forrester Research. Viele Risk- und Compliance-Aspekte würden über EAM systematisch berücksichtigt. Ähnlich argumentiert Luis Praxmarer von der Experton Group. Schon Unternehmen mittlerer Größe würden stark von einer klar artikulierten und abgestimmten Enterprise Architecture profitieren, sollten derartige Projekte aber zumindest temporär mit Hilfe externer Unterstützung aufsetzen. Grundsätzlich gilt: Je komplexer die Anforderungen und je größer die ICT-Investitionen, desto mehr lohnt sich ein EAM.

Allerdings ist eine Return-on-Investment-Diskussion für ein EAM-Projekt immer problematisch. Praxmarer verwendet das im EAM-Umfeld gerne genommene Bild der Städtebauarchitektur und fragt: "Wie rentabel ist für einen Architekten der Bau eines Hauses, eines Wolkenkratzers oder eines neuen Stadtteils?" Man komme erst gar nicht auf die Idee, diese Arbeit als nicht notwendig einzustufen oder einzeln zu rechtfertigen. Im Gegenteil: Je komplexer die Aufgabe, desto mehr Aufmerksamkeit erhalte die Ausarbeitung der richtigen Architektur.

Jeder erlebe selbst die täglichen Planungsfehler und verstehe deshalb die Notwendigkeit einer Struktur. EAM gehört unmittelbar zur IT und muss als integraler Bestandteil gesehen werden, so Praxmarer. Deshalb müssten die Kosten auf alle Services umgelegt und nicht einzeln verrechnet beziehungsweise über eine RoI-Kalkulation gerechtfertigt werden. Wenn dennoch eine Diskussion entbrennt, geschehe dies meist im Zusammenhang mit den im Projekt gebundenen Mitarbeitern oder den externen Kosten. Hier empfiehlt Experton, wichtige Projekte zur Kosteneinsparung wie Konsolidierung, Virtualisierung oder eine neue Applikationslandschaft zu benutzen, um mit dem frei werdenden Budget die Finanzierung von EAM zu ermöglichen.

Auch Stefan Ried glaubt an den Sinn von EAM-Investitionen. CIOs sollten das Thema nicht als ein Projekt darstellen, sondern als Teil ihrer IT-Governance, die einen Wertbeitrag in allen Projekten bringt. Anstelle einer RoI-Studie ließen sich Quellen verwenden, in denen die nachweisbare Kostenersparnis, die indirekten Vorteile und die erhöhte Flexibilität aufgeführt würden. EAM helfe beispielsweise, die Abhängigkeiten zwischen den Systemen zu verstehen, um dann unbenutzte Ressourcen abzubauen - eine nachweisbare Kostenersparnis. Indirekte Vorteile sind etwa kürzere Implementierungszeiten in Softwareprojekten aufgrund der mit EAM eindeutig beschriebenen Daten- und Prozess-Interfaces.

Die Flexibilität lässt sich an der Wiederverwendung von Diensten innerhalb des Unternehmens festmachen. Letztlich stelle EAM von allen Landschafts-, Daten- und Prozessbeschreibungen auditierbare Versionsstände zur Verfügung. Dies sei in Zeiten von gesteigertem Risikobewusstsein ein unschätzbarer Wert für den Finanzchef im Unternehmen.