Nach der Übernahme von Language-Technology

Knowledgeware kauft sich mit Intellicorp Unix-Know-how ein

06.09.1991

MÜNCHEN (qua) - Knowledgeware im Kaufrausch: Hatte der in Atlanta, Georgia, ansässige Hersteller der CASE-Systeme "IEW" und "ADW" kürzlich erst den Re-Engineering-Spezialisten Language Technology Inc. (LTI) erworben, so kündigte er jetzt an, daß er sich auch die Intellicorp Inc. einverleiben wolle.

Obgleich finanziell und produktpolitisch mit der IBM verhandelt, macht das Knowledgeware-Management kein Hehl daraus, daß es die Angebotslücke im Unix-Bereich als Manko empfindet. Wegen der starken IBM-Orientierung würde eine Eigenentwicklung unter Unix sicherlich am mangelnden Know-how scheitern. Dennoch versprach der Hersteller seinen Kunden kürzlich, innerhalb des kommenden Jahres eine Unixbasierte Entwicklungsumgebung anzubieten (vergleiche CW Nr. 32 vom 9. August 1991, Seite 12).

Nun ist das Rätsel gelüftet: Nach Angaben des deutschen Intellicorp-Managers Dietmar Büto beschäftigt die Firmenzentrale im kalifornischen Mountain View über hundert Unix-Entwickler. Außerdem hat das Unternehmen mit "Prokappa" ein nagelneues, regel- und objektbasiertes Anwendungsentwicklungs-System im Angebot, das auf Unix-Workstations von Sun, Hewlett-Packard und IBM ablauffähig ist. Inwieweit Knowledgeware und Intellicorp ihre Produkte miteinander verschmelzen werden, ist derzeit noch Gegenstand der Diskussion; zumindest wollte sich bislang niemand definitiv zu dieser Frage äußern.

Der Merger, dem die Vorstände beider Unternehmen bereits zugestimmt haben, soll sich in Form eines Aktientausches vollziehen; für einen Anteil an der bis dato als sehr dynamisch eingestuften Knowledgeware Inc. (vergleiche CW Nr. 23 vom 7. Juni 1991, Seite 5: "DV-Nischenanbieter steigern Profite trotz US-Rezession") werden die Intellicorp-Eigner voraussichtlich siebeneinhalb Anteilscheine hergeben müssen.

Zur Disposition stehen knapp 1,3 Millionen Knowledgeware-Aktien, die nach Angaben des New Yorker Börsenblattes "Wall Street Journal" derzeit mit rund 28 Dollar pro Stück gehandelt werden.

Preisgünstiger Einstieg in das Rückwärts-CASE

Während die Knowledgeware-Papiere nach der Ankündigung des geplanten Mergers leicht nachgaben, stieg der Intellicorp-Wert erwartungsmäß. Die Aktien des kalifornischen Software-Unternehmens bringen - wiederum laut "Wall Street Journal" - einen Stückpreis von etwa drei Dollar. Mit einer Entscheidung der US-Kartellbehörde FTC rechnet Büto gegen Ende September.

Im Vergleich zu den auf rund 34 Millionen Dollar geschätzten Kosten der Intellicorp-Akquise hat Knowledgeware den Einstieg in das Software-Engineering für existierende Systeme recht preisgünstig bekommen: Sechs Millionen Dollar legte der IBM-Business-Partner für die in Salem/Massachusetts ansässige LTI auf den Tisch, die eine Reihe von Produkten für Wartung und Restrukturierung von Cobol-Anwendungen zu bieten hat. LTI vertreibt nicht nur Mainfrarne-basierte Re-Engineering-Produkte wie "Recorder"

und "Recorder/ClCS", sondern arbeitet auch an einer Serie von PC-Softwareprodukten.

Auf längere Sicht, so Executive Vice-President Don Addington, will Knowledgeware seine Tools für Vorwärts- und Rückwärts-CASE miteinander koppeln. Auf diese Weise hoffen die Südstaatler, eine integrierte Lösung anbieten zu kennen die die Entwicklung neuer und die Strukturierung existierender Anwendungen einschließt.

Außerhalb der USA werden alle Knowledgeware-Produkte von der Ernst & Young CASE Services GmbH & CO KG in Stuttgart vertrieben. Wie deren Geschäftsführer Werner Kuno Löchle mitteilte, "ist davon auszugehen", daß das auch für das LTI-Angebot gelten wird. Die Entscheidung darüber, wer in Deutschland künftig die Intellicorp-Produkte vertreibt, steht noch aus.