Entscheidungsverantwortliche müssen Restriktionen stärker beachten:

Knock-out-Kriterien verhelfen PPS zum Leben

20.01.1984

Trotz ständig wachsendem Erfahrungspotential mit DV-gestützten PPS-Systemen kommt es häufig zu Schwierigkeiten und Mißerfolgen beim Einsatz dieser Produkte. Die Ursache liegt in der Regel in der völlig falschen Erwartungshaltung des Anwenders, der glaubt, seine organisatorischen Probleme ausschließlich mittels PPS-Software lösen zu können. Erfolgreich kann ein PPS-Projekt jedoch nur dann sein, wenn Zielsetzungen, Anforderungs- und Leistungsprofil aufeinander abgestimmt sind und erforderliche Anpassungen rechtzeitig eingeleitet werden. Friedrich Göschl, Leiter der Abteilung Beratung Fertigungsindustrie beim EDV-Studio Ploenzke, Wiesbaden, gibt Tips zur Vorgehensweise bei der Auswahl geeigneter Produkte.

Die produzierende Wirtschaft sieht sich seit Jahren einem immer stärker werdenden Wettbewerb im nationalen und internationalen Markt ausgesetzt. Viele Unternehmen stehen daher vor der Notwendigkeit, ihr über viele Jahre gewachsenes Leistungsangebot und Leistungspotential neu zu überdenken. Unternehmensstrategien sind zu entwickeln, die alle Wirkfaktoren des Unternehmens dynamisch auf die Unternehmensziele ausrichten.

Neben der Erschließung neuer Märkte, der Entwicklung neuer und verbesserter Produkte, dem Einsatz alternativer Werkstoffe und neuer Technologien gewinnt der Einsatz von verbesserten Steuerungs- und Informationssystemen immer größere Bedeutung. Insbesondere der Aufgabenbereich der PPS hat einen wesentlichen Anteil zur innerbetrieblichen Umsetzung der Unternehmensstrategien.

Die Entscheidung für ein DV-gestütztes PPS-System ist für ein Unternehmen von weitreichender strategischer Bedeutung. Jeder, der den Einsatz dieser Software in seinem Unternehmen in Erwägung zieht, sollte deshalb zuerst eine umfassende PPS-Konzeption entwickeln, die sich an den Zielsetzungen und dem Leistungsvermögen des Unternehmens orientiert und der strategischen Bedeutung solcher Systeme im Unternehmen Rechnung trägt.

Vorgehensweise und eingesetzte Methoden zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind für eine sichere Auswahl von wesentlicher Bedeutung. Die Entscheidungsträger sind häufig überfordert, da sie weder über relevante Beurteilungskriterien, noch über die notwendige detaillierte Marktübersicht hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der angebotenen Produkte verfügen.

Wichtige Voraussetzungen für die richtige Auswahl und den erfolgreichen Einsatz einer PPS-Standard-Software sind vor allem die Kenntnis der spezifischen Anforderungen des potentiellen Anwenders und die Kenntnis des Leistungsvermögens der am Markt angebotenen Produkte. Erfahrungsgemäß erreicht die Anzahl der für eine spezielle Anwendung relevanten Aspekte 500 bis 800 Einzelkriterien mit unterschiedlicher relativer Bedeutung für die Zielerreichung. Die Funktionsabdeckung durch PPS-Produkte liegt normalerweise zwischen 50 und 85 Prozent.

Die Anforderungen an ein PPS-System sind unmittelbar aus den Unternehmenszielen und der Unternehmensstrategie abzuleiten und nach Produktgruppen (Geschäftsfelder) differenziert festzulegen. Kurz-, mittel- und langfristige Aspekte sowie deren relative Bedeutung (Gewichtung) müssen beachtet werden.

Ausgehend von den Zielsetzungen der PPS ist der Untersuchungsbereich zu bestimmen. Alle betrieblichen Funktionen, die unmittelbar zur Zielerreichung beitragen, sollten in die Untersuchung mit einbezogen werden. Die zu bedienenden Schnittstellen zu benachbarten Funktionsbereichen sind zu beschreiben; die bestehenden Restriktionen für den Einsatz des Produkts müssen definiert werden.

Alle PPS-Funktionen, die eingesetzten Verfahren, Methoden und Hilfsmittel, sowie der Informationsfluß sind zu erfassen und hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Zielerfüllung zu überprüfen. Schwachstellen sollten aufgezeigt und deren Ursache analysiert werden. Darüber hinaus ist das vorhandene DV-Umfeld zu erfassen, und daraus resultierende weitere Restriktionen für den Einsatz eines PPS-Produkts festzulegen.

In einer ganzheitlichen Betrachtung sind Lösungen zur Beseitigung aller Schwachstellen zu erarbeiten. Das gilt insbesondere auch für die Schwachstellen, deren Ursachen nicht im Bereich der PPS-Funktionen liegen, sondern aus der Fertigungsorganisation beziehungsweie Fertigungsstruktur rersultieren. In der Konzeption sind Verfahren, Methoden und Hilfsmittel zur Wahrnehmung der PPS-Funktionen sowie in einer Schnittstellenbetrachtung Anforderungen an benachbarte Funktionsbereiche festzulegen. Für alle Funktionen sind relevante Leistungskriterien zu formulieren und entsprechend ihrer relativen Bedeutung für die Zielerfüllung zu gewichten.

Um den Aufwand zur Auswahl eines PPS-Systems bei der Vielzahl angebotener Produkte zu begrenzen, sollte der Auwahlprozeß in mehrere Phasen unterteilt werden. Ziel ist es, die Anzahl für die Feinauswahl auf drei bis fünf zu begrenzen.

Für eine erste Eingrenzung der zur Auswahl anstehenden Produkte sind sogenannte KO-Kriterien zu definieren, wie zum Beispiel Funktionsumfang, Hardware, Betriebssystem, DB/DC-System, maximale Anzahl der Bildschirme, Mandantenfähigkeit, Programmiersprachen, Verarbeitungskomfort oder Preiskategorie. Programme, die solche KO-Kriterien nicht erfüllen können, werden ausgeschieden.

Die Großauswahl der PPS-Produkte erfolgt auf der Ebene von Hauptfunktionen (Gliederungspunkte). Hierzu sind die für die Anwendung relevanten Hauptfunktionen festzulegen und zu gewichten. Über die Nutzwertermittlung kann damit auf dieser Ebene eine Rangfolge der zur Auwahl anstehenden Produkte gebildet werden, die eine weitere Reduzierung des Untersuchungsaufwands für die Feinauswahl ermöglicht.

Zur Auswahl des geeignetsten PPS-Produkts muß eine detaillierte Ermittlung aller entscheidungsrelevanten Faktoren erfolgen. Basis ist der gewichtete Anforderungskatalog mit allen relevanten Kriterien und der Leistungsumfang der Systeme.

Die Bewertung der Produkte erfolgt anhand der Nutzwertermittlung, die neben der Funktionserfüllung auch deren für diese Anwendung festgelegte relative Bedeutung berücksichtigt. Notwendige Änderungen der Programme, erforderliche organisatorische Anpassungen im Unternehmen und die daraus resultierenden Anforderungen an die Fachabteilungen beziehungsweise die ORG- und DV-Abteilung sind in die Bewertung mit einzubeziehen. Die zu erwartenden Kosten für Hardware, Software, Implementierung und Anpassung sind abzuschätzen und den erwateten quantitativen und qualitativen Effekten gegenüberzustellen.

Auch di Bewertung der Leistungsfähigkeit des Herstellers wie etwa Gesamtangebot, Service, Entwicklungspotential oder Kontinuität sind Faktoren, die die Entscheidung beeinflussen. Nur so vorbereitet, kann eine realistische Erwartungshaltung bei den Entscheidungsträgern erzeugt und damit eine gesicherte Entscheidung herbeigeführt werden.

Bevor das PPS-Projekt jedoch eingesetzt werden kann, muß eine den Gegebenheiten des Unternehmens angemessene Realisierungsstrategie entwickelt und der Gesamtumfang in machbare Einführungsstufen aufgegliedert werden. In jedem Abschnitt der stufenweisen Realisierung muß gewährleistet sein, daß das Gesamtsystem operabel bleibt. Diese Problematik wird häufig unterschätzt oder außer acht gelassen und führt deshalb oft zu Verzögerungen oder unnötiger Pflege doppelter Datenbestände.

Das EDV Studio Ploenzke hat im Dezember 1983 eine PPS-Studie herausgegeben, in der anhand von über 1000 Einzelkriterien der Leistungsumfang von elf Systemen vergleichend dargestellt und beschrieben ist. Folgende Produkte sind dargestellt:

COPICS MIACS-TD PS

COMET MIMS RM

IS MM/PM UNIS 1100

3000

MAS II ORAG

Der Leistungsumfang der PPS-Produkte ist in 13 Hauptgruppen gegliedert und umfaßt neben den funktionsunabhängigen Kriterien wie etwa Basissoftware, Datenschutz, Dokumentation oder Vertragsbedingungen alle für PPS relevanten betrieblichen Funktionen aus den Bereichen Marketing und Vertrieb, Materialwirtschaft, Produktion, Konstruktion und Entwicklung.