Transformation heißt mit vielen Bällen zu jonglieren

Knackpunkte für die Digitalisierung in Deutschland

04.01.2018
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Werner Rieche verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der IT-Branche. Nach seinem erfolgreichen Studium der Elektrotechnik/Nachrichtentechnik an der FH Niederrhein war er in mehreren leitenden Positionen in ICT-Unternehmen tätig. Seit Juli 2015 ist er Geschäftsführer der SAG Deutschland GmbH, einer 100-prozentigen Tochter der Software AG. Er ist für die gesamten Vertriebs- und Marketingaktivitäten des Konzerns in Deutschland und Österreich zuständig und verantwortet seit Januar 2018 als Regional President DACH die gesamte DACH-Region.
Der Handlungsbedarf in puncto Digitalisierung ist inzwischen in den Köpfen der Entscheider angekommen – nur der Weg ist oft noch unklar. Die folgenden Punkte sollten Entscheider bei der Erstellung ihrer Digitalisierungsstrategie in Betracht ziehen.

Experten aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sind sich meist einig: Deutschlands digitaler Reifegrad ist noch lange nicht weit genug fortgeschritten. Die Ursachen dafür reichen von mangelnder Breitband-Infrastruktur bis hin zu akutem Fachkräftemangel. Es tragen jedoch auch Skepsis und Zurückhaltung auf Seiten zahlreicher Unternehmen entscheidend zu den Verzögerungen bei. Die folgenden Punkte sollen zu weiterer Aufklärung beitragen.

Auch wenn das Ziel klar ist. Der Weg der Digitalisierung kann ein Balance-Akt sein.
Auch wenn das Ziel klar ist. Der Weg der Digitalisierung kann ein Balance-Akt sein.
Foto: Orla - shutterstock.com

Bisheriger Erfolg als Klotz am Bein

Deutschland ist eine führende Wirtschaftsmacht, was in expandierenden Branchen wie etwa dem Automobilsektor zu einer Art Protektionismus geführt hat: Man hält an bewährten, jedoch zum Teil veralteten Vorgehensweisen so lange wie möglich fest.

Zudem konnte sich im Ingenieurland Deutschland nie eine lebendige Fehlerkultur entwickeln. Da diese jedoch die Grundlage für flexible Neuentwicklungen bildet, fehlt es deutschen Unternehmen und Entwicklern gezwungenermaßen an Innovationskraft. Das Resultat: Unternehmen sind weitgehend skeptisch gegenüber disruptiven Faktoren und zeigen sich zurückhaltend, was neuartige, digitale Technologien und Ideen anbelangt. Die Digitalisierung kennt hingegen nur das Prinzip „adapt or die“ – in diesem digitalen Darwinismus kann man sich längeres Zögern nicht leisten.

Auf der Siegerseite der Disruption

Konkurrenten drängen mit digitalen Technologien auf den Markt und finden neue Methoden, mit Kunden zu interagieren, wodurch sich traditionelle Unternehmen und ihre Kunden entfremden – keine Branche bleibt heutzutage von Disruption verschont. Das Erdbeben, das Amazon im Retail-Bereich ausgelöst hat, haben Einzelhändler noch lebhaft vor Augen.

Lesetipp: Die IT-Trends 2018 von IDC

Etablierte Unternehmen müssen die digitalen Stärken implementieren, die ihre Herausforderer zu gefährlichen Konkurrenten machen. Hierfür benötigen sie die passende Software, um die Brücke zwischen der analogen und der digitalen Geschäftswelt zu schlagen. So können auch sie mit Hilfe smarter Produkte und Dienstleistungen ihre Kunden über alle zeitgemäßen Kanäle erreichen und die Bindung an sich stärken.

Agile Architekturen

Besonders dank eigenentwickelter Software können sich Unternehmen zu digitalen Playern mausern. Zugpferd dafür ist in erster Linie die Transformation der unternehmensinternen IT-Landschaft samt ereignisgesteuerter Echtzeit-Plattformen. Um das Potenzial der Digitalisierung komplett ausschöpfen zu können, benötigen Unternehmen nämlich eine agile wie anpassungsfähige Architektur. Hierfür muss die gegebene IT-Landschaft in eine digitale, plattformbasierte und skalierbare Architektur zur Verarbeitung von Big-Data-Analysen umgewandelt werden, die jede benötigte Fähigkeit unterstützt und sämtliche digitale Anwendungsfälle verlässlich abdecken kann.

Individuelle und innovative Software-Lösungen

In traditionellen Unternehmen werden Software-Entwicklungsprojekte heute nur noch selten inhouse durchgeführt. Differenzierung auf dem Markt erfolgt aber in erster Linie über Software, die nicht zuletzt ein Innovationsgarant ist. Progressive etablierte Unternehmen bauen eigenes Software-Knowhow auf, indem sie innovative Softwarefunktionen in ihre zentralen Geschäftsbereiche integrieren und Daten aus ihren smarten Produkten analysieren. Auf Machine Learning basierende Prognosemodelle und Algorithmen eröffnen neue datenzentrische Geschäftsmodelle und Services, mit denen die Unternehmen ihre Kunden binden und zugleich neue Geschäftschancen und Umsatzquellen erschließen können.

Ohne Ausnahme: Der Kunde ist König

Konsequente Kundenfokussierung bildet die Grundlage des Erfolgs digitaler Disruptoren. Sie passen ihre Produkte und Services flexibel an die persönlichen Bedürfnisse ihrer Zielgruppe an. Kundeninteraktion in Echtzeit, die Identifikation des Kundenstandorts und automatisches sowie personalisiertes Feedback stehen dabei im Fokus. Disruptoren fügen eine neue Software-Ebene hinzu und bauen somit selbst neue attraktive Kundenservices auf. So können zukunftsgerichtete Unternehmen zwischen Kunden und Mitbewerbern eine Barriere errichten und Abwanderung verhindern.

Daten – nicht nur sammeln, sondern auch verwerten

Um die Bedürfnisse der Kunden zielgenau zu ermitteln, sind in Echtzeit gewonnene Datenerkenntnisse die Basis. Das macht sie zum maßgeblichen Faktor für wirtschaftlichen Erfolg. Dazu gehört es, Daten aus smarten Produkten zu analysieren, Muster aufzudecken und Prognosemodelle sowie Algorithmen zu erstellen. So werden Schlüsse, ereignisgesteuerte Maßnahmen und Echtzeit-Reaktionen abgeleitet, um neue Geschäftsmodelle zu etablieren. Beobachten lässt sich dies anhand der bisherigen Ergebnisse. So sorgte etwa Datentransparenz beziehungsweise die Vernetzung verschiedener Datenquellen über die letzten Jahre weltweit gesehen für eine Produktivitätssteigerung von 25 Prozent.

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Digitale Bildung – in Schulen und Unternehmen

Digitale Bildung ist das Fundament von Deutschlands Zukunftsfähigkeit, weshalb das Bildungswesen den Ausbau digitaler Kompetenzen auf die Agenda setzen muss. Auch die hiesige Wirtschaft kann mit Bildungs- und Forschungskooperationen helfen, das Nachwuchsproblem zu lösen.

Die Digitalisierung wird die Nachfrage nach Fachkräften zudem weiter vorantreiben. Im IT-Bereich war die Zahl der offenen Stellen noch nie höher, während schon jetzt in unterbesetzten Unternehmen die Leute fehlen, um digitale Innovationen voranzutreiben. Digitale Kompetenzen müssen jedoch nicht nur in der Schule, sondern auch in der Berufswelt kontinuierlich ausgebaut werden.
Daher ist ein passendes Schulungs- und Fortbildungsprogramm innerhalb der Unternehmen unerlässlich, um Mitarbeiter auf aktuelle Herausforderungen vorzubereiten und neue Entwicklungsmöglichkeiten nutzen zu können. Über den Erfolg in der digitalen Welt entscheiden letztlich immer noch die Fähigkeiten der Menschen, die hinter den Digitalisierungsbemühungen stehen.