Kleinfeld verliert Geduld mit SBS

20.09.2005
Siemens Business Services (SBS) muss 2400 Mitar- beiter abbauen und den Gürtel enger schnallen.

Siemens-Chef Klaus Kleinfeld schlägt bei SBS einen scharfen Sanierungskurs ein. "Wir werden die Kosten konsequent um 1,5 Milliarden Euro innerhalb von zwei Jahren über die gesamte SBS hinweg senken. Dies wird leider den Abbau von 2400 Arbeitsplätzen in Deutschland erfordern. Diese Maßnahmen werden unter der operativen Führung eines neuen Teams im Bereichsvorstand umgesetzt", erläuterte Kleinfeld in einer Telefonkonferenz. SBS-Chef Adrian von Hammerstein tritt - angeblich auf eigenen Wunsch - zurück.

Der Arbeitsplatzabbau und die Einsparungen waren, wenn auch nicht in diesem Maße, erwartet worden; der Abschied des SBS-Chefs jedoch nicht. Gründe für die Demission nannte Kleinfeld nicht. "Wir halten viel von Herrn von Hammerstein und suchen gemeinsam nach einer geeigneten Position im Konzern", versuchte Kleinfeld, Spekulationen über einen erzwungenen Rücktritt zu zerstreuen.

Nachdem von Hammerstein am 1. Juli 2004 die Führung übernommen hatte, rutschte SBS tief in die roten Zahlen. Während sein Vorgänger, der heutige Debitel-Chef Paul Stodden, den IT-Dienstleister in die Gewinnzone geführt hatte, geriet das Unternehmen nach seinem Weggang in Schieflage: Bis zum 30. September 2005, dem Ende des laufenden Geschäftsjahres, soll sich unbestätigten Meldungen zufolge der Jahresfehlbetrag auf 350 Millionen Euro summieren. Gründe sind Überkapazitäten, schleppend verlaufende Geschäfte und die schlechte Konjunktur in Deutschland. Doch zumindest ein Teil des Defizits dürften die Münchner einkalkuliert haben: Der Abschluss großer Outsourcing-Deals, etwa mit BBC und RAG, sowie die Expansion nach Osteuropa kosten viel Geld. Diese Investitionen in die Zukunft wird von Hammerstein kaum ohne den Segen der Konzernleitung getätigt haben.

Neuer SBS-Chef wird Christoph Kollatz. Der 44-Jährige ist in der IT-Branche nahezu unbekannt. Er kommt von der Siemens-Sparte Industrielösungen und -dienste, wo er zuletzt das Segment Straßenverkehrstechnik leitete. IT-Erfahrung sammelte er zuvor ein Jahr lang bei SBS, wo er für das Geschäft in Zentral- und Südosteuropa zuständig war. Auf Kollatz kommt die Aufgabe zu, die Sparmaßnahmen so umzusetzen, dass das Geschäft des IT-Dienstleisters möglichst wenig Schaden nimmt. Der Stellenabbau wird nach Angaben eines SBS-Sprechers alle operativen Bereiche und die Zentralfunktionen betreffen. Zudem muss Kollatz insbesondere im Auslandsgeschäft produktnahe Dienste aussortieren.

In Deutschland wurden die Aktivitäten bereits mit dem Verkauf der Sinitec an A&O eingestellt.

Während viele Finanzanalysten den eingeschlagenen Sparkurs begrüßen, vermissen IT-Marktbeobachter die strategische Linie. "Die Entscheidungen fokussieren sich auf einen drastischen Sparkurs. Es wird aber auch notwendig sein, eine klare Richtung vorzugeben", kritisierte etwa Katharina Grimme, Analystin bei Ovum.

Kleinfeld sparte mit konkreten Hinweisen: "Zunächst einmal geht es darum, die SBS zu stärken." Optionen in jeder Variante seien vorstellbar, so der Siemens-Sprecher sybillinisch.

SBS kommt also weiterhin nicht zur Ruhe. Offen bleibt, ob der IT-Dienstleister im Konzern verbleibt, in ein Joint Venture eingebracht oder verkauft wird. Unterschiedlichen Quellen zufolge spricht die Konzernspitze bereits mit Partnern oder sucht noch nach geeigneten Kandidaten. Dabei kann Siemens derzeit nicht aus einer starken Position verhandeln: "Die Diskussion um die Zukunft von SBS ziehen sich schon zu lange hin. Inzwischen geschlossene große Deals mit externen Kunden sowie auch mit der Siemens AG verkomplizieren die Situation", meint Grimme.

Margenziel in weiter Ferne

Zudem kann Siemens nur unter wenigen Kandidaten wählen. Zum einen muss es ein renommiertes Haus sein, das sicherstellt, IT-Dienste weltweit liefern zu können, zum anderen sollte es finanzstark und gut aufgestellt sein. "Wer stellt sich der Herausforderung, eine Übernahme von SBS auch operativ in profitable Bahnen zu lenken?" fragt Peter Kreutter vom Institute for Industrial Organization der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung, Vallendar. "Wer an einem Deal in einer solchen Größenordnung scheitert, der hat ein ernsthaftes Problem. Unter diesem Aspekt verengt sich der Kreis der möglichen Käufer bereits auf weniger als eine Handvoll."

Klar ist derzeit nur, dass der IT-Dienstleister bis zum Geschäftsjahresende 2007 eine Profitmarge von fünf bis sechs Prozent vorweisen muss - falls SBS dann noch Bestandteil des Siemens-Konzerns ist. Über die Maßnahmen im Falle des Misserfolgs ist nichts bekannt. Erste Finanzanalysten bezweifeln bereits, dass die Sparmaßnahmen ausreichen werden, um das gesteckte Margenziel zu erreichen.