Trovarit-Studie: Anwender-Zufriedenheit mit ERP/Business-Software

Kleine Anbieter und Spezialisten vorn

12.06.2006
Wie sieht die ERP-Realität in deutschen Unternehmen aus? Dieser Frage ist die Trovarit AG aus Aachen mit einer breit angelegten Studie nachgegangen und hat fast 1800 Unternehmen zu ihren ERP-Systemen befragt. Die Ergebnisse widersprechen der weitläufigen Einschätzung, dass sich langfristig nur die großen Anbieter am Markt behaupten werden. Wenn es nach der Zufriedenheit der Anwender geht, liegen erstaunlich viele kleine Anbieter und Software-Lieferanten mit sehr speziellen Branchenausprägungen vorn.

Von „Zwergen und Spezialisten“ als Sieger der Befragung spricht Dr. Karsten Sontow, Studienleiter und Geschäftsführer der Trovarit AG. Zusammen mit der COMPUTERWOCHE und den Partnern i2s GmbH, Zürich, dem Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) an der RWTH Aachen und MQ result consulting AG, Konstanz hat er zwischen März und Juni letzten Jahres 1.766 Unternehmen befragt. Ansprechpartner waren in der Regel Geschäftsführer, IT-Leiter oder ERP-Fachverantwortliche. Ihre Zufriedenheit mit dem System und Service konnten sie für an Hand von 28 Merkmalen auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 5 (sehr gut) zum Ausdruck zu bringen. (Detaillierte Ergebnisse der Studie unter: www.erp-z.de ).

„Wir haben ganz bewusst auf eine Bewertung nach Funktionen verzichtet, weil diese in zahlreichen am Markt verfügbaren Studien bereits intensiv beleuchtet werden“, sagt Studienleiter Sontow. „Natürlich ist die so gemessene „Zufriedenheit“ ist eine durchweg subjektive Größe und die Bewertung in erster Linie persönlich und individuell. Aber über die große Anzahl an Teilnehmern und die Unterteilung in verschiedene Aspekte sind die Ergebnisse dennoch aussagekräftig und können einem Unternehmen, das sich auf der Suche nach einer neuen ERP-Software befindet, zumindest zur ersten Orientierung dienen.“

K. Sontow
K. Sontow

Die Studie beleuchtet detailliert, welche Systeme in deutschen Unternehmen installiert sind und enthält neben detaillierten Zufriedenheitsprofilen für insgesamt 51 ERP-Systeme zahlreiche Auswertungen zu Einsatzszenarien, Problemfeldern und Projektkenngrößen. „Trotz eines Schwerpunkts im Mittelstand des verarbeitenden Gewerbes verteilen sich die Teilnehmer über alle Branchen und Unternehmensgrößen, so dass man von einem umfassenden Überblick sprechen kann“, sagt Sontow. Er vertritt die Auffassung, dass Zufriedenheit eine zentrale Messgröße sei: „Aus Anwendersicht repräsentiert sie einen wichtigen Indikator für den Nutzen und auch die Wirtschaftlichkeit des ERP-Einsatzes. Für ERP-Anbieter ist die Anwender- und damit Kundenzufriedenheit eine der wesentlichen Steuerungsgrößen in den Bereichen Produktmanagement und -entwicklung, Vertrieb und After-Sales-Service“, sagt Sontow.

Das Alter der untersuchten Systeme lag ebenso weit auseinander wie die Spanne der befragten Unternehmen: Bei einem durchschnittlichen Alter von 5,59 Jahren waren einige Installationen erst wenige Monate alt, aber ein System war schon seit Ende der 70-ger Jahre in Betrieb. Weil sich die effektive Zufriedenheit zuverlässiger als langfristige Größe messen lässt, wurden auch ältere Installationen mit nicht hundertprozentig aktuellen Release-Ständen berücksichtigt.

Das Ergebnis der Untersuchung ist im Zufriedenheitsportfolio (siehe Diagramm) dargestellt. Was in der letztjährigen Befragung noch Erstaunen hervorgerufen hat, bestätigte sich im Jahr 2005 erneut: Branchenspezialisten und „Zwerge“ unter den Anbietern machen wieder das Rennen. Die besten unter den „Großen“ rangieren dagegen im Mittelfeld. „Allerdings zeigt das Portfolio auch, dass Branchenspezialisten und kleinere ERP-Anbieter oder ERP–Lösungen nicht zwangsläufig Spitzenwerte im Hinblick auf die Anwenderzufriedenheit erzielen. Vielmehr gibt es hier signifikante Unterschiede, deren Ursachen in der jeweiligen Software-Lösung und dem Auftreten des Anbieters am Markt zu suchen sind“, erläutert ERP-Spezialist Sontow.

Trovarit AG - Systeme im Zufriedenheitsportofolio
Trovarit AG - Systeme im Zufriedenheitsportofolio

Für das gute Abschneiden vieler kleiner Anbieter – knapp zwei Dutzend belegen die vorderen Plätze – nennt die Studie folgende Gründe:

  • Kleine / funktional bzw. branchenbezogen klar fokussierte Systeme verfügen über eine geringere Komplexität und oft auch über Kunden mit vergleichsweise bescheidenen Anforderungen.

  • Die führenden Systeme sind meist technologisch auf dem aktuellen Stand und verfügen häufig über eine gute Oberflächenergonomie und Benutzerführung.

  • Ganz entscheidend ist offensichtlich der Vorteil, den kleinere, lokale bzw. spezialisierte Anbieter im Hinblick auf ihre Möglichkeiten zur intensiven Kundenpflege besitzen.

Wenn man die Studienergebnisse als Maß für die Überlebensfähigkeit der kleineren ERP-Anbieter in Deutschland nimmt, widersprechen sie deutlich der gängigen Einschätzung, dass neben dem Weltmarktführer SAP zukünftig allenfalls noch zwei bis drei ernstzunehmende ERP-Anbieter bestehen bleiben. „Betrachtet man den Grad der Kundenzufriedenheit als einen entscheidenden Wettbewerbsfaktor, dann müsste man diese These zumindest für den Markt des deutschen Mittelstandes deutlich zurückweisen“, resümiert Sontow.