Nationales Portal soll branchenfremde Newcomer auf Distanz halten

Kleinanzeigen im Internet: Die Zeitungsverlage schlagen zurück

01.10.1999
MÜNCHEN (CW) - Die 355 deutschen Zeitungsverlage wollen noch in diesem Jahr ihre Online-Anzeigenaktivitäten in einem gemeinsamen Web-Portal bündeln. Sie reagieren damit auf die aggressive Konkurrenz durch branchenfremde Internet-Firmen in ihrem Kerngeschäft.

Internet-Portale, Auktionshäuser und Online-Dienste treiben inzwischen einen schwunghaften Online-Handel mit Autos, Immobilien, Möbeln oder Stellen. Diese sogenannten Rubrikanzeigen machen bis zu 60 Prozent des gesamten Anzeigenumsatzes der gedruckten Zeitungen in Höhe von knapp 12,2 Milliarden Mark aus. Branchenfremde seien dabei, riesige Datenbanken aufzubauen, wo der Handel von Anfang an national oder international betrieben würde, während die Zeitungsverlage mit ihren voneinander unabhängigen Online-Angeboten nur lokale oder regionale Märkte erreichten, mahnte Hans-Joachim Fuhrmann, Leiter des Bereichs Kommunikation und Multimedia, beim Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDZV).

"Wir werden den Wettbewerbern eine große nationale Marke für das Rubrikengeschäft entgegensetzen", so Fuhrmann. Dieses Unternehmen solle so schnell wie möglich aufgebaut werden und voraussichtlich Anfang 2000 an den Start gehen. Analysten von Zona Research mahnten die deutschen Verlage in einer ersten Bewertung ebenfalls zur Eile, lobten allerdings den nationalen Ansatz. Freilich sehen sie noch einige Stolpersteine.

Zunächst bleibe abzuwarten, wie viele Verlage sich tatsächlich beteiligten und unter welchen Bedingungen. Schließlich könnten die Vorreiter im Web, meist große Verlage, wenig Interesse daran haben, Nachzügler zu subventionieren und möglicherweise sogar Kunden an sie zu verlieren. Zweitens sei das Einnahmemodell noch völlig ungeklärt. Sollten die Verlage unter dem Druck der Konkurrenz ihre Anzeigen bundesweit ebenfalls kostenlos anbieten, könnten sie ihr traditionelles Geschäft kannibalisieren.