Klagen eines Gewinners

08.11.1991

Die Hamburger Wochenzeitung "DIE ZEIT" über Sonntagsreden:

In schöner Regelmäßigkeit fühlt sich Hans-Olaf Henkel, der Chef der Stuttgarter Niederlassung des amerikanischen Computerriesen IBM, dazu berufen, die wirtschaftspolitischen Diskussionen in der Bundesrepublik zu bereichern.

Dabei dürfte er seinen Kollegen auf den deutschen Top-Etagen jeweils aus dem Herzen sprechen: Die Steuern und Löhne sind ihm zu hoch, und Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die 35-Stunden-Woche würde er am liebsten bis auf weiteres verschieben.

Diese Forderungen frischte Henkel jetzt wieder in einer Dankansprache auf. Die Hannoversche Hochschulgemeinde hatte ihm jüngst die Karmasch-Denkmünze für "herausragende Verdienste bei der Förderung von Technik, Wissenschaft und Wirtschaft" verliehen. Mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Pflegeversicherung warnte Henkel zudem noch vor steigenden Lohnnebenkosten.

Der deutsche Statthalter der amerikanischen Weltfirma versteht es, mehr zu klagen als zu leiden.

Bei seiner Muttergesellschaft in Amerika kann er jedenfalls mit Gewinnen glänzen.