Aktie bricht an der New Yorker Börse ein

Kläger fordern eine Zerschlagung Microsofts

28.04.2000
MÜNCHEN (CW/IDG) - Im Monopolprozess gegen Microsoft fordern die Klägerparteien nun doch eine Aufspaltung des Konzerns. Nach entsprechenden Meldungen in US-Medien brach der Kurs der Microsoft-Aktie an der New Yorker Börse deutlich ein. Neben der drohenden Zerschlagung zeigte sich die Finanzwelt auch durch das nachlassende Gewinn- und Umsatzwachstum des Herstellers verunsichert.

Nach dem Schuldspruch von Richter Thomas Jackson am 3. April 2000 schienen sich die Klägerparteien - das US-Justizministerium und 19 Bundesstaaten - zunächst nicht darüber einig zu sein, welche Sanktionen gegen Microsoft sie dem Gericht vorschlagen sollten. Einige Vertreter der Bundesstaaten bezeichneten eine Aufspaltung als zu harte Maßnahme. Nach mehreren Berichten von US-Medien haben sich die Kläger nun aber doch durchgerungen, eine Zerschlagung des Konzerns zu fordern.

Nach Bekanntwerden dieser Meldungen brach die Microsoft-Aktie an der New Yorker Börse vorübergehend um mehr als 15 Prozent ein. Die Notierung sank um 13 Dollar auf 65 Dollar. Der Börsenwert des Konzerns hat damit seit März 2000 um rund 38 Prozent abgenommen. In der Folge rutschte auch der Nasdaq-Index für Technologieaktien um fünf Prozent nach unten.

Den bisher vorliegenden Informationen zufolge soll Microsoft in zwei oder sogar drei separate Unternehmen aufgeteilt werden. Die erste Variante sieht vor, das Geschäft mit Anwendungsprogrammen - dazu zählt unter anderem das "Office"-Paket - von der Betriebssystem-Sparte abzukoppeln. Mit den Office-Produkten erwirtschaftet der Konzern mehr als 40 Prozent seiner Einnahmen. Noch weiter geht der Vorschlag, auch das Internet-Geschäft in ein selbständiges Unternehmen einzubringen. Microsoft würde in diesem Fall in drei Firmen aufgeteilt werden: Anwendungsprogramme, Windows-Betriebssysteme und alle Internet- oder Online-bezogenen Produkte sollen diesem Szenario zufolge von getrennten Firmen entwickelt und vertrieben werden.

Richter Jackson hat für den 24. Mai eine öffentliche Anhörung über das zu verhängende Strafmaß gegen Microsoft angesetzt. Beide Prozessparteien sollten dazu bis zum Freitag, den 28. April, ihre Vorschläge einbringen. Spätestens in der ersten Juni-Woche will Jackson ein endgültiges Urteil verkünden.

Neben der drohenden Zerschlagung dürften die für Analysten enttäuschenden Finanzprognosen Microsofts eine Ursache für die Talfahrt an der Börse gewesen sein. Finanzchef John Connors hatte vergangene Woche ein deutlich schwächeres Wachstum für die kommenden Quartale vorausgesagt. Für das laufende vierte Quartal (Ende: 30. Juni) etwa sei mit einer nur noch einstelligen Gewinnzunahme zu rechnen. Für das nächste Jahr sollten Analysten ihre Gewinnprognosen um fünf Cents pro Aktie zurücknehmen.

Auch mit den aktuellen Ergebnissen für das abgelaufene dritte Quartal konnte das Unternehmen die Erwartungen der Analysten nicht ganz erfüllen. Zwar stieg der Gewinn im Jahresvergleich um 24 Prozent auf 2,39 Milliarden Dollar. Der Umsatz von 5,66 Milliarden Dollar blieb jedoch hinter den Prognosen zurück.