Mittelständische Wirtschaft bleibt Hauptzielgruppe der Mannesmann-Tochter:

Kienzle setzt auf Bürokommunikation und CIM

07.02.1986

VILLINGEN/DÜSSELDORF (CW) - Mit einem Umsatzzuwachs von acht Prozent gegenüber 1984 auf jetzt insgesamt 1,325 Milliarden Mark hat die Mannesmann-Tochter Kienzle das vergangene Jahr abgeschlossen.

Funktionserweiterungen der Rechnerfamilie 9000 in Richtung Bürokommunikation, ein neues Multifunktionsterminal, das auch in die OA-Richtung zielt, das digitale Netz Kidan, ein neues Banking-System sowie last but not least Aktivitäten im Bereich der Fertigungssteuerung, CAD/CAM und CIM sind Werkzeuge, die sich das Schwarzwälder Management unter der Leitung von Wilhelm Jägers gesetzt hat.

Darüber hinaus soll der Export, der knapp 60 Prozent des Umsatzes ausmachte, kräftig angekurbelt werden, insbesondere durch OEM-Abkommen in Kanada und den USA, Ansonsten, so Jägers, versteht sich Mannesmann-Kienzle als "Spezialist für europäische Märkte" und dabei insbesondere als Hoflieferant der mittelständischen Wirtschaft.

Der Umsatzzuwachs von acht Prozent im Jahr 1985 gilt für die Gesamtgruppe (Bereiche Datenverarbeitung, Apparatebau und Drucker). Gerade die Printer hämmerten ein Loch in das Zahlenwerk: Nach dem Superzuwachs in den USA 1984 gab es hier massive Absatzprobleme und Umsatzeinbrüche. Den Ausgleich im Gruppenumsatz schaffte der DV-Bereich mit einem Plus von 17,5 Prozentpunkten.

Die Systemfamilie 9000 mit ihren zahlreichen Varianten darf sich durchaus erfolgreich nennen: Bis Mitte letzten Jahres wurden 10 000 Maschinen mit einem durchschnittlichen Hardwareumsatzerlös von 100 000 Mark ausgeliefert. Einen guten Start hatten auch die jüngsten Kinder der Systemfamilie, die 9134 und 9135. Zwischen Mitte November, als die Auslieferung begann, und Jahresende 1985 verließen insgesamt 298 Einheiten die Villinger Kienzle- "Werkstätten".

Dem Ausbau der Familie zu einem "Mehrzweck-Clan" in Richtung Bürokommunikation und Vernetzung gilt das Hauptaugenmerk der Schwarzwälder. Dafür gibt es nunmehr "Kidan", ein digitales Netz- und Standardkommunikationssystem, das in ring-, bus- und sternförmiger Anordnung auf der Basis des X.21-Standards lokal 250 000 Bit pro Sekunde und remote 64 000 Bit pro Sekunde abarbeitet. Kidan ist - so Marketingchef Otto Reimann - "offen zu künftigen Netzstandards wie ISDN und LANs" und wegen der verwendeten Zweidraht-Technik besonders preiswert. Es biete "erstmals die Möglichkeit, daß mittelständische Unternehmen und Teilbereiche von Großunternehmen komplette Netzwerke äußerst preisgünstig" einsetzen können.

Am Kidan-Netz hängen kann auch der neue intelligente Bildschirm 9008, der sich zur Verarbeitung von Daten, Text, Grafik und Sprache eignet und durch "Anschuhen" von Mikro-Koprozessoren durchaus den "Look" eines komfortablen PC haben kann, der CP/M und MS-DOS versteht und auch Unix nicht abweist. Doch Jägers möchte sein Multifunktionsterminal, das bis zur anspruchsvollen Workstation aufgerüstet werden kann, keineswegs in der Mikro-Ecke sehen: "Im Gegenteil, das ist unsere Waffe, unsere Abschottung gegen das, was von unten an unserem Markt kratzt".

Neu am 9008 ist die mögliche Integration von "Kigraph", einer Grafiksoftware, die auf dem GKS-Standard basiert, und die Weiterverarbeitung von Daten aus dem Kalkulationsprogramm "Kicalc" oder dem Abfrage-Tool "Kiquest". Daneben erlaubt der neue Bildschirm aber auch Windowing (vier Fenster), die Darstellung von Graustufen sowie Software-Keys. Drei V.24-Ausgänge lassen den Anschluß von Arbeitsplatzdruckern, Hardcopy-Druckern oder einem Slave-Bildschirm 9007 zu.

Schließlich ist der 9008 auch Btx-fähig, wofür zwei neue Softwarepakete sorgen: Bei dem einen verhält sich das Terminal wie ein TV-Gerät mit Decoder, ermöglicht aber die Übernahme von Datenfeldern zum Weiterverarbeitung in Anwendungsprogrammen. Das zweite Paket macht aus 9000-Systemen "externe Rechner". "Kidesk" und "Kimail" schließlich runden die Bürokommunikationssoftware-Palette ab und sorgen für eine einheitliche Benutzeroberfläche.

Mit Druckern und Terminals hatte Kienzle schon immer einen Fuß im Bankengeschäft, jetzt sollen komplette Systeme für die integrierte Informationsverarbeitung im Bankgeschäft und damit Gesamtlösungen in Schalterhallen und im Back-Office dazukommen. Mit dem System 9700, das neben den Büro-Eigenschaften auch die Schalterfunktion "erschlägt", über Self-Service-Terminals verfügt und bei der automatisierten Codierung und Erfassung von Zahlungsbelegen sich nicht sträubt, wurde dazu ein "dedicated system" geschaffen. Speziell in diesem Bereich will man in Nordamerika und Japan mit OEM-Partnern zusammenarbeiten.