Handy-süchtig?

KI überwacht Parlamentarier

07.07.2021
Von Redaktion Computerwoche
Weltweite Aufmerksamkeit erregt ein KI-Projekt des belgischen Künstlers Dries Depoorter, der im flämischen Parlament automatisch überwacht, ob Politiker mit ihren Handys spielen.
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz überprüft ein belgischer Digitalkünstler, wie es um die Aufmerksamkeitsspanne von Parlamentsabgeordneten bestellt ist.
Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz überprüft ein belgischer Digitalkünstler, wie es um die Aufmerksamkeitsspanne von Parlamentsabgeordneten bestellt ist.
Foto: Miriam82 - shutterstock.com

Wer kennt sie nicht, die Bilder von langweiligen Parlamentsdebatten, in denen die Politiker auf den Rängen traumverloren mit ihren Handys spielen? Zumindest in der belgischen Provinz Flamen könnte es damit bald vorbei sein: Der Digitalkünstler Dries Depoorter nutzt künstliche Intelligenz (KI) und Gesichtserkennung, um die dortigen Politiker automatisch zur Ordnung zu rufen, wenn sie sich gerade von ihrem "Quatschi" ablenken lassen. Das Projekt "The Flemish Scrollers" geht knapp zwei Jahre, nachdem der flämische Ministerpräsident Jan Jambon während einer politischen Diskussion Angry Birds spielte und damit für öffentliche Aufregung sorgte, an den Start.

Online-Pranger für Politiker?

Das am 5. Juli gestartete System überwacht die auf Youtube via Livestream übertragenen Regierungssitzungen, um automatisiert festzustellen, wie lange ein Abgeordneter während einer Sitzung auf sein Handy schaut. Wenn die KI eine abgelenkte Person erkennt, identifiziert sie diese mitsamt Partei öffentlich, indem sie den Clip postet - auf Instagram (@TheFlemishScrollers) und auf Twitter:

Die abgelenkten Politiker werden namentlich genannt und mit einem Social-Media-Post in Verlegenheit gebracht. Der Bot bittet sie außerdem höflich darum: "pls stay focused!". Wie es auf der Website von Depoorter heißt, lernt die Software anhand archivierter Livestreams. Ob der Künstler mehr vorhat, als nur auf gelegentliche Verfehlungen hinzuweisen, ist unklar. Möglich wären ja beispielsweise statistische Auswertungen über längere Zeiträume.

Wie Mashable.com in Erfahrung gebracht hat, konnte The Flemish Scrollers schon in den ersten 24 Stunden des laufenden Betriebs vier Politiker identifizieren, die sich durch ihre Telefone ablenken ließen. Der Digitalkünstler löste damit eine Diskussion unter der schnell wachsenden Zahl an Social-Media-Followern aus. Viele erkennen hinter der Pranger-Aktion ein falsches Verständnis von Arbeit im digitalen Zeitalter: Auch am Handy müsse nützliche und wichtige Arbeit verrichtet werden.