Es ist Zeit zu handeln

KI revolutioniert die Weltwirtschaft

12.08.2019
Von 
Carsten Kraus ist Gründer und CEO der Omikron Data Quality GmbH (www.fact-finder.de). Zu den Themen Datenqualität und Kundendaten-Management hat er bereits eine Vielzahl von Beiträgen veröffentlicht.

KI-Anwendungen, die vor dem Durchbruch stehen

Predictive Basket

Besonders in Branchen, in denen es üblich ist, immer wieder die gleichen Produkte zu bestellen, wird KI den Einkaufsvorgang transformieren: Der Predictive Basket eine KI-Technologie von Omikronsagt dem Kunden voraus, was er in seiner aktuellen Session kaufen will. Die KI schlägt Produkte auf Basis des historischen Kundenverhaltens aber auch aufgrund des Einkaufsverhaltens anderer Kunden vor. Sie lernt den Kaufrhythmus kennen und passt sich immer besser darauf an. Dabei liegt die KI mit ihren Vorschlägen heute schon zu 75 Prozent richtig.

Den meisten Online-Shops trauen dem Braten allerdings noch nicht so recht, sie möchten noch selbst alle Regeln einstellen. Dabei kann die KI viel detailliertere Regeln erstellen, die in ihrem Umfang kein Mensch mehr überschauen kann, die aber viel bessere Ergebnisse liefern würden. Bei einem österreichischen Lebensmittel-Großhändler kommt der Predictive Basket bereits heute erfolgreich zum Einsatz.

Montage vor Ort

Die wenigsten Kunden haben Freude daran, ihre erworbenen Möbelstücke zu Hause aufzubauen. Sie empfinden es als lästig und zeitraubend. Inzwischen werden Roboter immer besser darin, mit den individuellen Unwägbarkeiten einer Wohnumgebung umzugehen. Sie könnne sogar auf spontane Veränderungen reagieren.

In Japan und Singapur sind erste Roboter im Einsatz, die selbständig Bretter transportieren und verbauen können, in einer Umgebung, die sie vorher nicht kannten. Legt man ihnen Hindernisse in den Weg, reagieren Sie und finden eine neue Möglichkeit, wie sie ihren Auftrag dennoch erfüllen. Es ist spannend zu beobachten, welche Fortschritte derzeit gelingen. Es wird nur noch wenige Jahre dauern, bis solche Services Marktreife erreichen.

Office-Tätigkeiten

Auf der Google I/O 2018 wurde ein Telefonat zwischen einem Friseursalon und einem Kunden abgespielt. Das Spannende daran: Einer der Gesprächspartner war eine KI, und es war nicht offensichtlich, welche die menschliche und welche die Computerstimme war. Die KI hatte ihre Stimme immer weiter optimiert – nicht nur in Sachen Tonalität, sondern auch durch das Zwischenstreuen von Interjektionen wie „mmh“, „aha“ etc. Durch die Analyse von Beispieltelefonaten hatte die KI gelernt, wann solche Interjektionen in einer Konversation angebracht sind. Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass sich zumindest einfache Telefongespräche in naher Zukunft über KIs abwickeln lassen.

KI forscht selbst – bereits heute

Bereits jetzt wid eine Prognose war, die ich auf den Zeitraum 2021 bis 2025 datiert hatte. Sie lautet: KI stellt eigene Thesen in der Sekundärforschung auf. Forscher der University of Berkeley haben einer KI große Mengen wissenschaftlicher Texte („Papers“) über Materialforschung gegeben, jedoch nur solche, die bis 2008 veröffentlicht wurden. Dann wurde die Frage gestellt, welche weiteren Entdeckungen im Bereich thermoelektrischer Materialien zu erwarten sind.

Genau wie menschliche Sekundärforscher versuchte die KI, Verbindungen zwischen den verschiedenen Papers zu entdecken, die zu neuen Erkenntnissen führen. Die KI schlug fünf Materialien vor und lag bei dreien richtig: Sie wurden in den kommenden zehn Jahren, also bis 2018, tatsächlich erfolgreich erforscht.

Ganz ohne den Menschen kommt diese Technologie nicht aus, aber die Geschwindigkeit der Sekundärforschung könnte sich um den Faktor zwei bis zehn beschleunigen. Bis das auf breiter Front Auswirkungen hat, dauert es schätzungsweise nur noch zwei bis fünf Jahre. Diese KI basiert auf Word2Vec, einer Technologie, in deren Umfeld ich selbst forsche. Obwohl ich dem Thema also nahe bin, hatte ich solche Fortschritte nicht so früh erwartet. Auch hier war KI wieder deutlich schneller, als es die Fachwelt für möglich gehalten hatte.

KI und Gesellschaft

KI bedeutet für unsere Gesellschaften eine Riesenchance. Ziele wie der Wandel von der Wegwerf- zu einer Reparaturgesellschaft oder medizinische Fortschritte, die ein längeres unbeschwertes Leben ermöglichen, rücken für uns näher. Und auch den Klimawandel aufzuhalten oder umzukehren ist – davon bin ich überzeugt – mit Hilfe der Wissenschaft erreichbar.

Die Frage ist, ob wir es rechtzeitig schaffen. KI kann die Wissenschaft unterstützen und beschleunigen, so dass sich unsere Chancen deutlich erhöhen. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir die Frage des Klimawandels mit Verweis auf KI-Fortschritte aussitzen können. Wir müssen jetzt gesellschaftliche Maßnahmen treffen, denn vielleicht werden wir auch mit KI-Hilfe zu lange brauchen.

Fazit: Wir erleben einen rasanten Wandel...

...und sollten dringend handeln! Die vergangenen Jahre bildeten den Anfang einer Revolution, die sich immer schneller auf alle Bereiche der Wirtschaft ausweiten wird. Wir können zusammenfassen:

  • KI ist eine Querschnittstechnologie, und ähnlich wie die Elektrizität oder das Internet wird sie Wirtschaft, Privatleben und die ganze Gesellschaft verändern.

  • Die Veränderung kommt wahrscheinlich schneller, als wir – selbst als Fachleute – aktuell vermuten.

  • Schon heute bietet KI zahlreiche Chancen, die genutzt werden sollten. Auch im Mittelstand!

Mit anderen Worten: KI ist jetzt! Europa und Deutschland müssen sich in eine gute Position bringen. Wir Europäer müssen investieren, Neuerungen ermöglichen, Freiräume geben, um an der Spitze mitzuwirken und dadurch auch auf ethische Fragen Einfluss nehmen zu können.

Unternehmen haben schon jetzt viele Möglichkeiten, von KI zu profitieren. Dazu müssen Sie keinen KI-Spezialisten einstellen, genauso wenig wie sie einen Elektriker zum Betrieb eines Staubsaugers brauchen. Nutzen Sie die Möglichkeiten, probieren Sie fertige Bausteine aus, lernen Sie – Just do it!