KI braucht EQ

KI muss Emotionen verstehen können

Kommentar  03.12.2018
Von 
Johann Toll ist Executive Director Transformations bei IPSoft.
Zukünftige KI muss nicht nur in der Lage sein, rational zu agieren. Ebenso muss sie emotionale Intelligenz entwickeln und lernen, unsere Gefühle zu verstehen.
Die erfolgreiche KI der Zukunft kann die Gefühle des Nutzers erkennen und angemessen darauf reagieren.
Die erfolgreiche KI der Zukunft kann die Gefühle des Nutzers erkennen und angemessen darauf reagieren.
Foto: Andrea Danti - shutterstock.com

Kürzlich beschäftigte sich der Deutschen liebste Krimi-Serie, Tatort, mal wieder mit neuen Technologien. "KI" lautete kurz und knapp der Titel der Folge. Auf dem Laptop des Opfers findet sich ein Computerprogramm, dessen Dialogfähigkeit weit über die eines Chatbots hinausgeht. Maria, wie sich die Künstliche Intelligenz selbst vorstellt, wartet mit einem abstrakten - an Bildschirmschoner-Grafiken erinnernden - Interface auf und ihr faktisches Wissen scheint schier endlos zu sein. Während sie schon ziemlich gut darin ist, anhand von Mimik und Tonfall auf die Stimmung ihres menschlichen Gesprächspartners zu schließen, fehlt es ihr doch an etwas Wesentlichem: der Fähigkeit, aus dem Gesagten auf das Gemeinte zu schließen, d.h. Kontext und Emotionen als Komponenten zu berücksichtigen, die ein Verstehen im umfassenden Sinne - und damit eine angemessene Reaktion - ermöglichen.

Gefühlssache: Menschlicher EQ ist (noch) weit überlegen

Wenn wir Systeme auf Basis künstlicher Intelligenz, neuronaler Netze und maschinellem Lernen designen, ist das menschliche Gehirn unser zugrunde liegendes Modell. Die Erklärung dafür ist einfach: Unser Gehirn ist das beste Werkzeug zur Lösung von Problemen, das wir kennen. Und auf Basis dieses Modells haben wir digitale Problemlöser kreiert, die schneller und präziser arbeiten, als wir es je könnten. Aber es gibt immer noch eine Reihe wichtiger Bereiche, in denen unsere menschliche Intelligenz dem Imitat, der sogenannten künstlichen Intelligenz, weit überlegen ist: überall dort, wo es um Emotionen geht.

Die Geschichte von Chatbots geht bis in die 1960er Jahre zurück. Gerade die etwas älteren Semester erinnern sich vielleicht an Joseph Weizenbaums berühmt gewordene Sprachsoftware Eliza. Dieses revolutionäre Computerprogramm ließ Menschen glauben, sie unterhielten sich mit einer echten Person. Mit der Zeit entwickelten sich virtuelle Agenten immer weiter fort und waren zunehmend in der Lage, Inhalte zu verstehen und entsprechend zu reagieren. Aber können Maschinen wirklich mit uns Menschen mithalten?

Wie die zeit vergeht: Ein Dialog mit Eliza
Wie die zeit vergeht: Ein Dialog mit Eliza
Foto: Weizenbaum

Gewöhnliche Chatbots können nicht zwischen den Zeilen lesen

Innerhalb der letzten 60 Jahre ist zugegebenermaßen nicht allzu viel passiert in puncto emotionale Intelligenz für digitale Lösungen. Gewöhnliche Chatbots wie Alexa, Cortana und Siri können nicht zwischen den Zeilen lesen. Sie können keine Zwischentöne oder emotionale Muster verstehen. Und auch der Mehrheit der komplexeren KIs fehlt die menschliche Fähigkeit, Informationen kontextbezogen zu verarbeiten.

Wenn Sie sich zum Beispiel die debattierende KI ansehen, die IBM diesen Sommer vorgestellt hat, scheint es in der Tat spannende Entwicklungen zu geben - aber im Grunde geht es doch nur um Technologien, die seit langem bekannt sind. Die Maschine identifiziert zunächst, um welches Thema es geht und welche These vertreten wird (einfach), sucht bei Google und Wikipedia nach Gegenansichten (auch einfach) und nutzt für eine Erwiderung dann die drei häufigsten Gegenargumente.

Natürlich kann es sehr praktisch sein, einen virtuellen Assistenten wie Google Home oder Alexa zu Hause zu haben - aber Alexa interessiert sich nicht für Ihr Gefühlsleben! Sie ist da, um Ihr Zuhause intelligenter zu machen, Ihnen dank Sprachsteuerung den ein oder anderen Handgriff zu ersparen und manche Alltagsaufgaben, wie z.B. das Einkaufen, bei Bedarf zu automatisieren. Das war's.