Actis und VDA setzen neue DFÜ-Zeichen für Automobilindustrie:

Kfz-Software "Fors" steuert Produktionsplanung

13.09.1985

Mit Hilfe eines sogenannten DV-Fortschrittszahlensystems (FTS) können die Automobilhersteller und Zulieferbetriebe in Zukunft Ihre Produktionsplanung besser "in Fahrt" bringen. Neben der neuen Branchenlösung des Softwarehauses Actis kommen In folgendem Beitrag von DV-Journalist Walter Naumann aus Deizisau auch einschlägige Aktivitäten des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA) zur Sprache.

Bereits seit Jahren werden in vielen Unternehmen - der Automobilindustrie Fortschrittszahlensysteme (FZS) zur betriebsinternen Planung eingesetzt. Dabei handelt es sich um ein vom Auftrag bis zur Auslieferung durchorganisiertes Kennzahlenkonzept, das zur Darstellung eines gesamten Fertigungsablaufes dient. Da der Produktionsprozeß hierarchisch gegliedert ist, läßt er sich in Subsysteme unterteilen, die man nach Vorgabe koordinierter Soll-Werte autonom steuern kann. Gleichzeitig können die Produktionssparten untereinander mit Hilfe der FTS koordiniert werden. Die Datenverarbeitung hält allerdings erst jetzt in diesen Bereich Einzug; bis dato wurden entsprechende Verfahren meistens manuell durchgeführt.

Im Falle eines Datenaustausches zwischen den Automobilherstellern und den Zulieferbetrieben per DFÜ und beim Einsatz DV-gestützter Fortschrittszahlensysteme ergeben sich nun hinsichtlich der Standardisierung von Hard- und Software Probleme. Um diese Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen, hat der Verband der Automobilindustrie (VDA) einen speziellen Arbeitskreis eingerichtet. Das Konzept dieses Gremiums basiert auf dem EG-Standardisierungsprojekt "Odette", mit dessen Abschluß in vier bis fünf Jahren gerechnet werden kann.

Auf der Grundlage der VDA-Richtlinien entwickelte das Stuttgarter Softwarehaus Actis in Zusammenarbeit mit dem Zulieferunternehmen Reitter & Schefenacker eine einschlägige DV-Lösung inklusive DFÜ-Software, die inzwischen als Standardversion angeboten wird. Das Fortschrittszahlensystem mit der Abkürzung "Fors" umfaßt folgende Bausteine: Abrufbearbeitung, Versand, Transport, Fakturierung, Lagerwirtschaft, Materialdisposition, Einkauf, Produktplanung und Arbeitsplanverwaltung. Zudem zählen zu "Fors" die Programmteile Zeitwirtschaft, Kalkulation und Hochregalsteuerung.

Die DFÜ-Komponente der Software von Actis kann auch gesondert erworben werden. Mit der Einführung seines Datenfernübertragungssystems, das den Angaben der Stuttgarter Softwerker zufolge bisher die einzige Lösung mit VDA-Standard für alle Automobilhersteller abgibt, wird in nächster Zeit bei etwa 55 Firmen gerechnet. Angesichts der geplanten Aktivitäten könnte man also im Jahre 1986 von rund 1000 angeschlossenen Zulieferern ausgehen, die dann die Lieferabrufe per DFU abwickeln würden.

Als Pilotanwender fungierte der bereits erwähnte Fors-Entwickler Reitter & Schefenacker, wobei eine einschlägige Kommunikation bisher mit den Daimler-Benz-Werken in Sindelfingen, Untertürkheim und Wörth besteht. Hardwareseitig kommen bei R & S vier Nixdorf-Rechner der Serie 8870/55 zum Zuge, auf denen auch "Fors" läuft.

Zur Umstellung der einzelnen Betriebsbereiche wurde ein detaillierter Zeitplan unter Berücksichtigung der Wünsche und Erfahrungen der jeweiligen Fachabteilungen aufgestellt. Nach Freigabe der Detailorganisation erfolgten die Programmierung und danach die ausführlichen Programmtests durch den Anwender. Vor der Systemeinführung wurde jeder Mitarbeiter der Fachabteilung einen halben Tag geschult.

Die Einführung des DV-gestützten FTS dauerte zwei Jahre. Nachdem derzeit erst der Datenaustausch mit Daimler-Benz computerisiert über die Bühne geht, gilt für die Kommunikation mit den übrigen Automobilherstellern (Alfa, Audi, BMW, Ford, Opel, Porsche, VW) noch folgendes Provisorium: In das bisher bestehende FTS-Raster mit der vorgestellten Daimler-Benz-Maske werden alle anderen Kundenaufträge manuell eingepaßt.

Durch die Einführung des neues Systems konnte R & S seine Produktionsplanung hinsichtlich Aktualität und der Qualität des Zahlenmaterials entscheidend verbessern. Im Hinblick auf die bisher gemachten Entscheidungen sind nun ein paar allgemeine Richtlinien zulässig:

- Intensive Personalschulung vor und während der Praxisphase,

- keine Systemeinführung unter Zeitdruck,

- abteilungsweise Umstellung im Betrieb,

- drei- bis vierwöchige Organisationsphase zum, Informationsabgleich und -austausch vor endgültiger Systemeinführung,

- Systemeinführung in Abhängigkeit von der Wirtschaftlichkeit und der Kapazität des Unternehmens.

Vorteile des DV-Einsatzes

- Schaffung eines gleichlautenden Informationsstandes für alle Abteilungen (Parallelführung von Karteien entfällt)

- Kanalisierung und Standardisierung des Informationsflusses

- Personaleinsparung/Zeitersparnis

- optimaler Fertigungsfluß

- mehr Umsatz auf gleicher Fläche, das heißt weniger Lagerkosten bei zusätzlich kürzeren Lieferintervallen

Probleme des DV-Einsatzes

- relativ hohe laufende Kosten der DV-Anlage (Wartung, Lizenzen)

- Arbeitszeiteinteilung des DV-Personals

- blindes Vertrauen des Personals in Computer (weniger Mitdenken)

- Flut von DV-Ausdrucken (Abhilfe: Speicher statt Papier, bei Bedarf auf Bildschirm)

- Datenübertragung mit Einrichtungen der Bundespost relativ teuer (Maßnahme: Kurierdienst mit Auto oder Datex-L)

- Systemausfall