Change-Management bei der Munich Re

Key-User als Botschafter des Wandels

26.10.2010
Von 
Christoph Witte arbeitet als Publizist, Sprecher und Berater. 2009 gründete er mit Wittcomm eine Agentur für IT /Publishing/Kommunikation. Dort bündelt er seine Aktivitäten als Autor, Blogger, Sprecher, PR- und Kommunikationsberater. Witte hat zwei Bücher zu strategischen IT-Themen veröffentlicht und schreibt regelmäßig Beiträge für die IT- und Wirtschaftspresse. Davor arbeitete er als Chefredakteur und Herausgeber für die Computerwoche. Außerdem ist Witte Mitbegründer des CIO Magazins, als dessen Herausgeber er bis 2006 ebenfalls fungierte.

Eine neue Plattform ersetzt 30 IT-Systeme

Die neue Underwriting-Plattform ist für das Unternehmen eine zentrale Anwendung: Sie sollte über 30 IT-Systeme an weltweiten Standorten und in verschiedenen Geschäftsbereichen ersetzen sowie über eine Schnittstelle mit dem neuen Accounting- und Claims-System verbunden werden. Mit dem neuen Gesamtsystem strebte man mehrere Verbesserungen an:

  • Daten nur noch einmal erfassen,

  • gleiche/ähnliche Risiken effizient verwalten,

  • nahtlose Risikobewertung und -bepreisung ermöglichen,

  • integrierte Budget- und Kumulkontrolle ausführen,

  • schnellere Prozessabläufe durch effizientere Workflows garantieren,

  • integriertes Reporting auf Basis von Risiko- und Buchhaltungsdaten bereitstellen.

Die Aufgabe wurde in drei große IT-Projekte unterteilt: die Eigenentwicklung einer Underwriting-Plattform auf Basis von Microsofts .Net-Framework, die Adaption und Einführung des Moduls Riskmanager Non life aus der SAP-Lösung für Rückversicherer (Financial Services Reinsurance, FS-RI) sowie die Entwicklung eines Interfaces, das den Datenaustausch zwischen den beiden Systemen sicherstellt.

Die Komplexität des Unterfangens wird auch an den zwei Anläufen deutlich, die nötig waren, um das Projekt erfolgreich abzuschließen. Ursprünglich hatten die Planer vorgesehen, alle Funktionen - die Erfassung der Vertrags- und Risikodaten, Accounting und Claims - in SAP abzubilden. Dieses Vorhaben scheiterte, und man setzte das Underwriting-Projekt im April 2007 in der beschriebenen neuen Konstellation neu auf.

Vier Phasen der Veränderung

Das war ein mutiger Schritt, von dem die Verantwortlichen aber wussten, dass er unbedingt zum Ziel führen musste. Deshalb wollten sie dafür sorgen, dass nicht nur die Technik erfolgreich entwickelt und implementiert werden konnte, sondern dass auch die betroffenen Mitarbeiter das neue System akzeptierten und schnell damit umgehen lernten. Ergo war ein Change-Management die beste Versicherung gegen ein Scheitern an dieser Front.

Das Change-Projekt war in vier Phasen unterteilt:

  1. Veränderungsanalyse: Identifikation der Zielgruppe und ihrer Erwartungen. Die Veränderung der Prozesse und die Auswirkungen wurden untersucht, die Ziele des Change-Projektes definiert.

  2. Maßnahmenplanung: Kommunikationsstrategie, Definition und Planung des Supports sowie die Organisation des Change-Projektes.

  3. Umsetzung und Kontrolle: Umsetzung der Maßnahmen, Steuerung des Change-Projektes, Unterstützung durch Sponsoren, Botschafter und Key-User.

  4. Abschluss: Lessons-Learned-Workshops nach dem Go-Live, Summary für das Management, Übergabe der neuen Prozesse und Verantwortungen an die Linienorganisation.

Dorothea Wack, Esprit Consulting: "Wir haben die Betroffenen zu Beteiligten gemacht."
Dorothea Wack, Esprit Consulting: "Wir haben die Betroffenen zu Beteiligten gemacht."
Foto: Münchener Rück/MunichRe

"Um die Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, die neuen Systeme anzunehmen und anzuwenden, haben wir sie von Betroffenen zu Beteiligten gemacht", sagt Dorothea Wack, die das Change-Projekt auf Esprit-Seite federführend begleitete. Dazu war es notwendig, Macht- und Fachpromotoren zu identifizieren und zu gewinnen, die das IT-Projekt unterstützen. Eine davon war Heike Trilovszky, die den Zentralbereich des Corporate Underwriting der Munich Re leitet. In den Augen von Föhr, Leiter des Change-Management-Teams, ist es entscheidend, dass der Hauptsponsor auf der Geschäftsseite inhaltlich kompetent ist. Er muss nicht aus dem Top-Management kommen.

Losgetreten wurde die Kommunikationskaskade mit Informationsveranstaltungen für die oberste Führungsebene des Rückversicherers. Darauf wurden die Bereichsleitungen unterrichtet, die sich auch in erster Linie für das "big Picture" interessierten. Nach einer Veranstaltung für alle Betroffenen erklärte das Change-Management-Team den direkten Vorgesetzten der beteiligten Abteilungen, wie es vorgehen wollte und welche Rolle die Key-User spielen sollten.