Kernarbeitszeiten sind out

16.06.2008
Mit individuellen Weiterbildungskursen, guter Work-Life-Balance und Kinderfreundlichkeit will die Software AG Mitarbeiter und ihr Know-how langfristig binden.

Kurze Unternehmenszugehörigkeiten sind in der IT-Branche die Regel. Manche Firmen schaffen es aber, ihre Mitarbeiter langfristig zu binden, wie das Beispiel der Software AG zeigt: Im Dezember 2007 arbeiteten nach eigenen Angaben die Mitarbeiter durchschnittlich rund 13 Jahre im Unternehmen - Tendenz steigend. Warum das so ist, erklärt Torsten Bittlingmaier, Vice President Global Human Resources: "Wir bringen unseren Mitarbeitern eine hohe Wertschätzung entgegen und wissen, dass wir unseren Erfolg im Wesentlichen ihnen verdanken." Die Darmstädter Firma bietet ihren Mitarbeitern - neben attraktiven Gehaltsmodellen - unter anderem ein Training für neue Mitarbeiter, Karriereförderung oder flexible Arbeitszeiten.

Mitarbeiter lernen an der Corporate University

Neue Mitarbeiter durchlaufen bei der Software AG ein New Hire Training, um sich mit dem Unternehmen vertraut zu machen. Anschließend werden sie in speziellen Programmen ausgebildet. So lernen Vertriebler die Technologien und Produkte des Unternehmens kennen, Führungskräfte nehmen an Management-Programmen teil, und technisch orientierte Mitarbeiter bereiten sich in Kursen auf Zertifizierungen vor. Auch die Führungsmannschaft von morgen wird vorbereitet: Spezielle Management-Trainee- und High-Potential-Programme sollen qualifizierte Mitarbeiter für die zukünftigen Positionen in der Chefetage fit machen. Individuelles Coaching, externe Trainingskurse und berufsbegleitende Studien ergänzen die Maßnahmen.

Die Personalentwicklung unterstützt inhaltlich die "Corporate University", die das Maßnahmenangebot verantwortet. Rund 2300 Teilnehmer besuchten 2007 die insgesamt 185 Seminare der Bildungseinrichtung. Wie der Darmstädter IT-Spezialist berichtet, waren 90 Prozent der Mitarbeiter insgesamt zufrieden mit dem Weiterbildungsprogramm.

Überstunden kommen auf ein Langzeitkonto

Um den Mitarbeitern eine gute Work-Life-Balance zu ermöglichen, bietet ihnen die Software AG flexible Arbeitszeiten - ohne Kernzeiten. Überstunden können sie in weniger arbeitsintensiven Phasen als Freizeitausgleich nehmen. Die gesamte Mehrarbeit jenseits der 60-Stunden-Grenze kann in Langzeitkonten oder Zeitwertpapieren angelegt werden. So ermöglicht das Unternehmen den Mitarbeitern, vorzeitig aus dem Arbeitsleben auszusteigen. Alternativ können sie die Überstunden auch in Geld umwandeln. Noch mehr Flexibilität und damit auch Familienfreundlichkeit bringen Telearbeitsplätze mit sich.

Was fehlt zum nächsten Schritt auf der Karriereleiter?

Regelmäßig finden Mitarbeiterbefragungen statt. Aus diesen leitet das Softwarehaus Maßnahmen ab und will so auch die Motivation und Produktivität der Angestellten erhöhen. Damit die Mitarbeiter wissen, wo sie gerade stehen und welche Fähigkeiten sie noch ausbauen müssen, um in eine höhere Position aufzusteigen, führt die IT-Firma derzeit ein Bewertungssystem ein. Es beurteilt die Leistungen und das Potenzial der Arbeitnehmer mit dem Ziel, jeden auf die Position zu bringen, die seinen Fähigkeiten am besten entspricht.

Internationale Übernahmen - wie der Kauf der amerikanischen Firma Webmethods durch die Software AG 2007 - bedeuten auch, Mitarbeiter aus anderen Kulturen in das Unternehmen zu integrieren. Damit die internationalen Kollegen schneller zusammenwachsen, veranstaltete der IT-Spezialist Workshops, um die Mitarbeiter an das neue globale Unternehmen zu binden. Dabei sollten die Angestellten auch die Kernwerte des Unternehmens, die die kulturelle Vielseitigkeit der zahlreichen Mitarbeiter widerspiegeln, kennen lernen. Dazu zählen unter anderem Vertrauen und offene Kommunikation. Seit letztem Jahr nutzten nach eigenen Angaben mehr als 3000 Mitarbeiter diese Workshops: Aus den nur von Telekonferenzen bekannten ausländischen Gesprächspartnern wurden Kollegen aus Fleisch und Blut, zu denen man laut Software AG nun auch eine persönliche Bindung habe. Dass das Unternehmen Integration ernst nimmt, belegt die speziell dafür geschaffene Stelle des "Director Corporate Culture".

Ideenplattform, Kinderaustausch und Eis

Weitere Maßnahmen sind das Programm "Innogize", das "Youth Exchange Programm at Software AG" (YEPS) oder die von Mitarbeitern gegründete Soft-Eis-AG. "Innogize" setzt sich zusammen aus den Wörtern "innovate" und "energize". Die Software AG versteht das Programm als Management-Plattform für Ideen, in der Mitarbeiter Vorschläge einbringen, die dann zur Diskussion stehen. Ein Anreiz für die Beteiligung ist: Die besten Ideen prämiert das Unternehmen und setzt sie auch um.

Die Soft-Eis-AG kommt besonders gut an

YEPS, das Austauschprogramm für Mitarbeiterkinder zwischen 14 und 18 Jahren, soll die Angestellten mit Familien ansprechen. Für zwei Wochen vermittelt die Software AG Kinder in ausländische Gastfamilien. Das Prinzip ist einfach: Wer sich bewirbt - auch Angestellte ohne Kinder -, ist gleichzeitig Gastfamilie für Kollegenkinder. So lernen die Jugendlichen die internationale Arbeitsumgebung ihrer Eltern kennen.

Laut dem Darmstädter IT-Spezialisten erfreut sich die Soft-Eis-AG seit Jahren großer Beliebtheit unter den Kollegen. Nicht nur der süße Nachtisch, den sich die Mitarbeiter aus der Eistruhe nehmen und dafür nach dem Vertrauensprinzip bezahlen, kommt bei ihnen an. Sie wissen, dass die Soft-Eis-AG jedes Jahr den Erlös aus dem Verkauf für einen gemeinnützigen Zweck spendet. So erhielten dieses Jahr die Darmstädter Kinderkrankenhäuser 500 Teddybären. (hk)