Keine Schaumschläger, bitte!

06.03.2008
Bei der Auswahl von IT-Consultants spielt die allgemeine Reputation des Anbieters nur in Ausnahmefällen eine entscheidende Rolle. Was vor allem zählt, sind eigene Erfahrungen und Referenzen.

Externe IT-Berater haben Hochkonjunktur. Einer Studie von Forrester Research zufolge will mehr als die Hälfte der befragten 1002 Topentscheider in Nordamerika und Europa in den nächsten zwölf Monaten Consultants anheuern. Doch wie gehen die Unternehmen dabei vor? Nach welchen Kriterien wählen sie die Externen aus, und wie beurteilen sie deren Leistungen?

Bei der Beurteilung von IT-Beratern zählt vorrangig, ob ein Projekt sein Ziel erreicht.
Bei der Beurteilung von IT-Beratern zählt vorrangig, ob ein Projekt sein Ziel erreicht.
Foto: Lünendonk

Reputation des Anbieters

Speziell im Bankenbereich ist die Außenwirkung eines bekannten Namens allerdings nach wie vor hoch: "Ein börsennotiertes Unternehmen kann damit signalisieren, dass es mit Profis arbeitet und die Sache ernst nimmt", erläutert Stockmann, der bis vor kurzem als COO beim Finanzdienstleister MLP tätig war. Auch beim Thema Compliance könne es sich auszahlen, ein renommiertes Consulting-Haus zu engagieren. Wenn man einen zusätzlichen Spezialisten brauche oder wenn ein Projektleiter krank werde, sei dort wahrscheinlich schneller und leichter ein Ersatzmann zu bekommen. "Das ist wie bei allen Markenartikeln: Die Kleinen versprechen zwar gute Leistungen für wenig Geld. Aber ein Restrisiko ist immer dabei. Wer sichergehen will, wählt einen großen Anbieter."

Auch bei dem großen IT-Strategieprojekt, das derzeit bei Premiere umgesetzt wird, ist die Begleitung durch ein renommiertes Beratungshaus von Vorteil, erläutert Günter Weinrauch, Vice President Information Management des Fernsehsenders. "Ein bekannter Name hilft, die nötige Akzeptanz zu erreichen." Abgesehen davon sind für ihn Größe und Ansehen aber nicht relevant. "Wenn es nur um fachliche Beratung geht, sind mir kleinere Anbieter, die sich auf das Thema spezialisiert und bei uns bewährt haben, sogar lieber." In der Regel setze Premiere externe Berater auch nur selektiv ein. "Mir ist es wichtig, dass nicht ständig die Hälfte meiner Leute von Beratern umzingelt ist", so Weinrauch.

Erich Ehbauer, Apollo Optik: Uns kommt es darauf an, dass die Consultants auf Augenhöhe kommunizieren.
Erich Ehbauer, Apollo Optik: Uns kommt es darauf an, dass die Consultants auf Augenhöhe kommunizieren.

Für Erich Ehbauer, IT-Leiter bei der Schwabacher Apollo Optik, ist das Renommee eines Beratungshauses ebenfalls nur in Ausnahmefällen - etwa bei umfassenden Security-Projekten - ausschlaggebend, da die Anforderungen hier besonders hoch seien. "Ansonsten kommt es uns als Mittelständlern vor allem darauf an, dass die Consultants auf Augenhöhe kommunizieren, über regionale Kontakte verfügen, und dass sie sich in unsere Prozesse eindenken und wir uns aufs Geschäft konzentrieren können." Gute Leute holt man wieder Berater, mit denen Apollo Optik in dieser Hinsicht gute Erfahrungen gemacht hat, werden in einer internen Liste festgehalten, um bei Bedarf wieder auf sie zurückgreifen zu können. "Wenn sich beide Seiten kennen, spart das Zeit und Geld", begründet Ehbauer. Grundsätzlich beauftrage er externe Berater aber nur für kleine bis mittelgroße Vorhaben und versuche, anschließend den Betrieb selbst zu übernehmen. "Mit Ausnahme von Security-Projekten brauchen wir Consultants meist nur für ein paar Stunden oder einen Tag", erläutert Ehbauer. "Ein ERP-Projekt, das nie fertig wird und bei dem die Externen fünf Jahre lang im Haus sitzen, wäre für mich ein Gräuel."

Wichtig ist für Ehbauer zudem, dass der Anbieter den jeweils richtigen Mann zum richtigen Zeitpunkt schickt und dass ein paar Wochen später nicht für dasselbe Thema ein anderer Experte in der Tür steht. Kontinuität sei bei einem großen Anbieter aber nicht immer garantiert. Auch die Analysten von Forrester Research warnen, dass sich der Anwender bei einem großen Beratungshaus nicht darauf verlassen könne, dass ihm für ein bestimmtes Problem der jeweils beste Consultant zugeteilt wird. Sie empfehlen daher, sich nicht nach dem Ruf einer Firma, sondern dem einzelner Mitarbeiter zu richten. Grundsätzlich seien die besten Leute eines unbekannteren Anbieters dem drittklassigen Team einer Topberatung vorzuziehen. "Natürlich muss das Unternehmen bei einem breit aufgestellten Anbieter stärker darauf achten, dass es die richtigen Leute bekommt", bestätigt Cardea-Expertin Manger-Wiemann. "Aber auch hier lässt sich in Erfahrung bringen, welche Leute hinter den Referenzprojekten stehen. Die kann man dann anfordern."

Referenzen von Kollegen

Ehbauer nutzt für solche Erkundigungen Erfahrungen anderer IT-Leiter. Das Networking habe sich schon oft bezahlt gemacht: "Dadurch kann ich viel darüber erfahren, wie bestimmte Berater arbeiten." Wichtig seien ihm allerdings nur Referenzen aus vergleichbaren Projekten. "Mich kann niemand beeindrucken, der Siemens oder BMW berät - das schreckt mich eher ab." Es komme vielmehr darauf an, dass die Consultants schon Projekte für Unternehmen gemacht hätten, die ähnlich aufgestellt seien wie Apollo. Auch Mayflower-Manager Stockmann hält sich an die persönlichen Empfehlungen anderer Anwender: "Wenn ich einen Zahnarzt brauche, frage ich ja auch Freunde oder Bekannte." Referenzlisten im Internet nutzt der Manager dabei nur in Ausnahmefällen - etwa wenn er einen externen Berater für ein Thema suche, von dem er keine Ahnung habe.

Vor allem in der IT-Strategieberatung sind Experimente fehl am Platz. Um Business- und IT-Strategie in Einklang bringen zu können, muss der Consultant das Geschäft des Kunden verstehen, entsprechendes Branchen-Know-how mitbringen und die typischen Probleme kennen. "Hier würde ich grundsätzlich nur Externe in Anspruch nehmen, die ich gut einschätzen kann - entweder aufgrund von eigenen Erfahrungen oder durch Empfehlungen von Kollegen aus der Branche", betont Stockmann. "Bei solchen Projekten benötigen die Berater oft auch Kenntnisse im steuerlich-rechtlichen Bereich sowie Benchmark-Know-how oder Best Practices, um Vergleiche mit anderen Branchen oder Ländern ziehen zu können", so Cardea-Geschäftsführerin Manger-Wiemann.