Keine Panik vor dem ersten Job

10.10.2001
Von in Hiltrud
Herzklopfen und ein flaues Gefühl im Magen hatten sie alle, als sie ihre erste Stelle antraten. Inzwischen können die vier Teilnehmer des Young Professional Round Table über ihre ersten Stolpersteine lachen. Sie sprachen darüber, wie sie es schafften, sich die ersten Monate in ihrem Berufsleben erfolgreich zu behaupten.

Den ersten Tag beim Kunden wird Britta Knappe so schnell nicht vergessen. Aufgeregt wie sie war, stand sie zwei Stunden vor der üblichen Zeit auf, durchsuchte ihren Kleiderschrank nach der passenden Garderobe und stylte sorgfältig ihre Haare. Diese Vorbereitungen waren leider „völlig für die Katz“, erinnert sie sich, weil sie bei 35 Grad im Schatten fast eine Stunde lang auf dem Firmengelände des Kunden herumirrte, bevor sie den Besprechungsraum erreichte – völlig verschwitzt, mit der Jacke über der Schulter.

Britta Knappe, Stefan Federkiel, Jan Weitkamp, Peter Rosenpflanzer. Quelle: Jens Bruchhaus
Britta Knappe, Stefan Federkiel, Jan Weitkamp, Peter Rosenpflanzer. Quelle: Jens Bruchhaus

„Ich habe versucht, das Beste aus der Situation zu machen, und mich entschuldigt, um mich kurz frisch zu machen. Als ich dann mit den Personen und dem Projekt bekannt gemacht wurde, habe ich keinen Gedanken mehr an das Missgeschick verschwendet“, erzählt die Wirtschaftsingenieurin, die seit gut einem Jahr als Beraterin bei Pricewaterhouse-Coopers im Bereich CRM (Customer-Relationship-Management) arbeitet.

Die Einarbeitungszeit empfand sie als gut organisiert. So hielt die Unternehmensberatung in der ersten Woche eine Einführungsveranstaltung ab, in der alle Berufseinsteiger mit der Firma vertraut gemacht wurden und die ersten Fallbeispiele erarbeiteten – eine gute Gelegenheit, um auch die anderen Neulinge kennen zu lernen. Die Betreuer machten die Berater in spe auch mit den Feinheiten der Kleiderordnung vertraut und erläuterten beispielsweise den Unterschied zwischen Casual und Business Casual. Im Fall von Pricewaterhouse-Coopers besteht Letzteres aus Stoffhose plus Hemd mit Kragen, Ersteres aus Jeans und T-Shirt. Auch der so genannte Berater-Knigge stand auf dem Programm, in dem den Einsteigern die ungeschriebenen Gesetze des Auftritts beim Kunden nahegebracht wurden. In der Regel waren es Selbstverständlichkeiten, wie etwa das Gebot, sich beim Kunden als höflicher Gast zu benehmen und nicht etwa „irgendeine Tasse aus dem Schrank zu nehmen, denn sie könnte ja dem Chef gehören“.

„Ich war außerordentlich nervös“, erinnert sich Peter Rosenpflanzer an seinen ersten Tag bei der Siemens AG, wo er sich bei ICN (Information and Communication Networks) um das Projekt-Management im Bereich Softwareentwicklung kümmert. Vor dem ersten Gang ins Büro schwirrten vor allem Fragen wie „Habe ich mich richtig entschieden?“ oder „Was wäre, wenn ...?“ durch den Kopf. Sobald er am Arbeitsplatz angekommen war, hatte sich das schlagartig gegeben. In der Einarbeitungszeit stand ihm ein Kollege zur Seite, auch der Vorgesetzte kümmerte sich um ihn und gab ihm die wichtigsten Informationen. Auf diese Weise konnte sich Rosenpflanzer schnell heimisch fühlen. Beeindruckt hat ihn vor allem die Informationslawine der ersten Zeit. „Ich musste ja alles lernen: angefangen vom Schreiben von Anträgen und Abrechnungen bis hin zum Platz, an dem die Kaffeemaschine steht“.

Das Einleben fiel ihm relativ leicht – auch ohne Benimm-Knigge. Für ihn gelten die gleichen Selbstverständlichkeiten wie außerhalb der Arbeit. „Wenn ich einen Kollegen nur ein Mal im Monat sehe, gehe ich nicht hin und duze ihn sofort.“ Unter den Mitarbeiter, mit denen er tagtäglich zu tun hat, ist dahingegen das Du üblich. Als eine außerordentlich nützliche Vorbereitung auf den ersten Job hat Rosenpflanzer seine Praktika empfunden, die er zuvor bei Siemens absolviert hat. Auch wenn sie in anderen Bereichen und im Ausland stattfanden, konnte er viel über die Firma und das berufliche Alltagsleben erfahren.

Britta Knappe, Pricewaterhouse-Coopers: "Man muss öfter nachfragen und hartnäckig bleiben."
Britta Knappe, Pricewaterhouse-Coopers: "Man muss öfter nachfragen und hartnäckig bleiben."

Obwohl Stefan Federkiel bereits ein halbes Jahr als freier Mitarbeiter bei der CRM-Unternehmensberatung Maihiro beschäftigt war, hatte er an seinem ersten Arbeitstag als Festangestellter ein flaues Gefühl im Magen. Das verflog allerdings sehr schnell, nachdem ihn seine künftigen Kollegen herzlich willkommen hießen und ihm einen Blumenstrauß auf den Schreibtisch stellten. „Bei dem vielen Neuen hatte ich gar keine Zeit mehr, nervös zu sein. Die Gedanken kommen erst auf dem Nachhauseweg, wenn man reflektiert, was an dem Tag alles passiert ist.“ Dabei ist er heute noch erstaunt, wie schnell er sich daran gewöhnt hat, die Informationsflut zu verarbeiten.

In den ersten Wochen arbeitete sich der Betriebswirtschaftler, der einen seiner Schwerpunkte in der Wirtschaftsinformatik sieht, in seine ersten Projekte in den Bereichen Training und Forschung ein. Jetzt wird er noch Schulungen besuchen, um für die ersten Projekte beim Kunden gerüstet zu sein. Zur Seite steht ihm dabei ein Mentor, der ihm bei fachlichen, organisatorischen oder persönlichen Fragen unter die Arme greift.

„Ein Praktikum dauert höchstens ein paar Monate, danach kommt wieder das süße Studentenleben. Da hat der erste Arbeitstag schon eine andere Dimension“, beschreibt Jan Weitkamp seine Gefühle. Obwohl er schon eine Lehre als Automobilmechaniker abgeschlossen hatte, war für ihn der Einstieg beim Beratungsunternehmen Accenture nach dem Betriebswirtschaftsstudium ein Neuanfang. Die Erfahrungen aus seiner Lehrzeit möchte er aber nicht missen: Da er inzwischen Konzerne aus der Automobilindustrie berät, erweist sich sein praktischer Background aus der Branche als sehr nützlich. Seine Nervosität endete schlagartig, als er den Ort der Einführungsveranstaltung erreicht hatte, an dem die 120 Accenture-Neulinge drei Tage lang das Wichtigste über das Unternehmen erfuhren.

„Alle waren in derselben Situation, das hat mir am Anfang enorm geholfen“, erinnert sich Weitkamp. Zudem führte er sich vor Augen, dass diejenigen, die das ausführliche Auswahlverfahren erfolgreich durchgestanden haben, auch das Potenzial für die Position haben. „Es war ein aufregender Schritt. Aber er hat nicht das ganze Leben umgekrempelt“, fasst er zusammen. Zunächst lernte er recht profane Dinge wie das Erfassen der Arbeitszeiten und die Abrechnung der Reisekosten. Danach folgten zwei Wochen IT-Weiterbildung, in der sich die Novizen mit den Themen HTML, Javascript und Java vertraut machten. Weitere zwei Wochen verbrachten sie in Accentures Schulungszentrum in Chicago, wo das Gelernte im internationalen Rahmen und mit Kollegen aus aller Welt vertieft wurden. Für Weitkamp waren das USA-Erlebnis und der Austausch mit Kollegen aus anderen Ländern eine „tolle Erfahrung“ und auch für den Berateralltag sehr nützlich.