Kein Wahnsinn, aber Methode

07.04.1977

Dies vorweg: Die wohl wichtigste Neuheit bei der IBM-Ankündigung des neuen Größtrechners 3033 verbirgt sich in einem Nebensatz: Für das neue, das OS/VS2 (MVS) verbessernde Betriebssystem MVS/SE wird IBM Lizenzgebühren vertangen. Das kann ja heiter werden, denn das wird Schule machen!

Ansonsten hieß es wohl aus Sicht der Anwender: "Weihnachten zu Ostern", und aus Sicht der Mitbewerber: "Und ist es Wahnsinn, so hat es doch Methode!"

Denn ICM's Vorgehen ist praktisch das gleiche wie im Juli letzten Jahres bei der Ankündigung der 148 und 138. Auch der neue 3033-Jumbo wird mit 60 bis 80 Prozent höherer Leistung als die vergleichbare Maschine (die bisher größte 370, die 168-3) vorgestellt - wie gehabt. Und wenn die Preise auch noch nicht feststehen, so wird doch vermutet, daß sie wie seinerzeit die Kampfpreise erheblich unter denen des Vorgänger-Modells liegen werden. Somit beschert IBM den Anwendern auch im Groß-Rechner-Bereich etwa eine Halbierung der Hardware-Kosten (für die CPU [!] bei Kauf). Das neue Ziel für die Kunden: "Hochentwickelte Datenbank- und Datenkommunitionsanwendungen", so der IBM-Pressetext. Daß IBM heute damit indirekt zugibt, daß die IMS Versprechen seit Jahren auf falschen Voraussetzungen über den angemessenen Hardware-Bedarf beruhten, mag den Marktführer wenig stören, denn das war mittlerweile ohnehin bekannt. Nunmehr kann alles, alles anders werden! Und auch Software-Mitbewerber, die "schlankere Lösungen" ß la Adabas, Total, IDMS, Shadow etc. anbieten, sind stark betroffen.

3033 - danach bleibt alles beim alten

So wie im letzten Spätsommer schließlich alle Mitbewerber nachzogen und die Preise genauso senkten, daß der alte, etwa 20prozentige Abstand zu den IBM-Preisen wiederhergestellt wurde (Siemens allen voran!), so werden auch jetzt die Großrechner-Preise in Bewegung geraten. Diesmal reagierte die Amdahl Corp. am schnellsten: Preissenkungen bei der 470 V/6, "die den neuen IBM-Preisen Rechnung tragen", dazu die Ankündigung einer noch größeren und einer noch kleineren 470-Maschine. Die anderen großen Mainframer werden folgen müssen. Gerade im Großrechner-Bereich, aber eigentlich in der ganzen Universal-Computerei, ist der Anteil der reinen Herstellungskosten eines Systems so gering, daß allein Marketing-Strategien und nicht etwa Grenzkosten die Preise bestimmen.

Es hieße wohl, Amdahls beachtliche Anfangserfolge mit der 470 V/6 zu überschätzen, wenn man hierin das wichtigste Motiv für IBM's 3033-Ankündigung sähe. Das Ganze hat Methode, und bei dem 138/148 Coup im Sommer gab es auch keinen Amdahl als Auslöser. IBM wird nach Amdahls vorhersehbarer Reaktion auch jetzt weiter mit dem "Argernis" leben müssen, gerade so, als wäre nichts geschehen.

Warum aber das Ganze? Ist es Wahnsinn? Macht sich IBM das eigene Geschäft kaputt? Mitnichten! Vielfach wird übersehen, daß im Großrechner-Bereich mittlerweile die große Mehrzahl der installierten Systeme bereits verkauft und nicht mehr vermietet wurde. IBM hat durch ständig verbesserte Miete/Kauf-Relationen schon bei Übergang auf die 370-Serie dies Ziel angestrebt. Bei der 370/148 machen nur noch 36,8 Mietraten den Kaufpreis aus. Und wo verkauft wurde, braucht man sich über Rückläufer keine Sorgen zu machen, vielmehr lassen sich nur über attraktive Preise neue Verkäufe tätigen. Deshalb also Hardware - bei Kauf! für die CPU - zum halben Preis. Über die Software Preise (siehe oben) und über den durch die Software bedingten Hardware Bedarf bleibt dann letztlich alles doch beim alten Budget. Allerdings bei mehr Komfort und verbesserter informationeller Infrastruktur in den Unternehmen.