DV Versicherungen Bedarf ist exakt zu definieren

Kein Pokern beim Spiel mit dem Risiko

04.02.1983

Wie sicher ist Ihr Rechenzentrum? Und wie versichert ist es? Nur wenige RZ-Leiter können auf diese Fragen sofort antworten. "Dafür gibt es kaufmännische Abteilungen, die sich kümmern" oder auch "den Versicherungsmann für alle Fälle", heißt es. Eine CW-Umfrage legt den Schluß nahe, daß es um den Versicherungsschutz der Rechnerleistung im Unternehmen sehr oft sehr schlecht bestellt ist, schlechter als um Die eigentliche Sicherheit.

Große Unternehmen haben natürlich ihre Beauftragten für Datenschutz und Datensicherheit, ihre Katastrophenpläne und die entsprechenden Versicherungen. Wer aber in Ermangelung eines spezialisierten Mitarbeiters im Alltagsstreß nicht über den Tellerrand hinausschaut und deshalb das Thema Versicherung immer wieder beiseiteschiebt, könnte eines Tages sein blaues Wunder erleben.

Schäden in Millionenhöhe kommen vor. Zum Beispiel "verschwand" vor einigen Jahren der gesamte Adreßverteiler eines bekannten Großversandhauses, verhökert vermutlich an die Konkurrenz. Das Unternehmen war versichert, so gut, erzählt man sich, daß die Versicherung sich anschließend aus diesem haarigen Geschäft ein wenig zurückzog. Typisches. .Glück eines großen Hauses, leider noch ganz ungewöhnlich für mittlere und kleinere DV-Anwender.

Es gibt Unternehmen in dieser Risikobranche, die auf EDV-Versicherungen beziehungsweise technische Versicherungen spezialisiert sind die Tela Versicherung, München beispielsweise. Ein Pool, in dem sich die Versicherungsgesellschaften für alles, wie zum Beispiel die Allianz- und die Gerling-Gruppe oder die Victoria etc., also die sogenannten Komposit-Versicherungen, zusammengetan haben, existiert auch: das Technische Kontor, das seinerseits dann wieder rückversichert ist.

Luft im Tarif

Bis zu hundert Prozent können die Haustarife derzeit auseinander liegen. Man sollte sich nicht aufschwatzen lassen, daß es ja den "markteinheitlichen Tarif" gäbe, von dem nicht mehr als etwa um 20 Prozent abgewichen werden könnte. Aus einem Versicherungshaus selbst nämlich ist zu hören, daß "das Geschäft absolut marktdiktiert" ist:" "Wir sehnen uns nach solchen Zeiten zurück, als wir noch sagen konnten, unter welchen Bedingungen wir eine Police ausstellen beziehungsweise wir ein Risiko zeichnen. "

So vielfältig wie die Risiken sind die Arten der Versicherungen. Sie haben zum Gegenstand

- Maschinenbetriebsunterbrechung,

- Haftpflicht (Vermögensschaden)

- Datenträger,

- Mehrkosten,

- Schwachstrom (Sachversicherung) und

- Computermißbrauch.

Unter Computermißbrauch fallen solche Spezialfälle wie: Vertrauens-, Schadens- und wiederum die Haftpflichtversicherung.

Da derzeit der Verhandlungsspielraum des Versicherungskunden relativ groß ist, muß er nicht in jedem Fall eine Versicherungsart mit der anderen kombinieren, obwohl dieses oft sinnvoll wäre. So läßt sich leicht denken, daß eine bestehende Sachversicherung, wie die Schwachstromversicherung, die Voraussetzung für eine Betriebsunterbrechungsversicherung ist. So gehandhabt zum Beispiel bei der Münchner Tela.

Schwieriger Umgang

Als ein schwieriges und unerfreuliches Geschäft hat sich offenbar bisher der Umgang von RZ-Profis mit der Versicherungsbranche erwiesen. Der Verband Deutscher Rechenzentren e.V. (VDRZ), Hannover, hat die Erfahrung gemacht, daß den Versicherungsträgern häufig Sachkenntnisse und Erfahrung fehlen - wen wundert's. Gleichzeitig mangelt es allerdings auch auf der DV-Anwenderseite an den entsprechenden Kenntnissen der Versicherungsmöglichkeiten, so daß der DV-Mann nicht einmal seinen Bedarf exakt definieren kann. Erkenntnis- und Formulierungshilfe kann eine Broschüre des VDRZ leisten.

Aber auch auf weitere Selbsthilfe haben die Hannoveraner noch gesonnen. Zur Zeit verhandeln sie mit einer großen skandinavischen Versicherung. Es geht nicht nur um günstige Tarife, die wären in der Bundesrepublik wohl auch von Fall zu Fall auszuhandeln. Es wird ein ganzes EDV-Versicherungen-Paket zusammengestellt werden. Ein solches Angebot sollte vielen bereits eingefahrenen Versicherungen zu schaffen machen. Gut für den Versicherungsnehmer.

Pluspunkte

Als tarifmindernd dürfen neben dem obligaten fundierten Hinweis auf die Konkurrenz noch eine Reihe anderer Pluspunkte des Versicherungsnehmers nicht vergessen werden:

- Wer auf ein "gut geführtes Haus" verweisen kann - good house keeping nennen das die Versicherungsleute - sollte das auch tun, es ist nämlich nicht selbstverständlich.

- Wer einen Vertrag mit einem Back-up-Rechenzentrum abgeschlossen hat oder dieses vorhat, kann mit einem derart verminderten Risiko - speziell wenn es um die Betriebsunterbrechungsversicherung geht und/oder die Mehrkostenversicherung, schon ganz schön auf die Prämie drücken, denn in diesen Fällen geht es fast immer um stolze Beträge.

- Auch wer gute Serviceverträge vorweisen kann, darf sich zu den Begünstigten zählen, erst recht dann, wenn er auch nachweisen kann, daß zum Beispiel in der Klimaanlage regelmäßig der Filter gewechselt wird etc. Möglicherweise wird auch ein Gutachten von einem Sachverständigen die Konditionen verbessern.

- Ein Abkommen über Nachbarschaftshilfe, wie es manchmal von Hardware-VBs vermittelt wird, ist auch ein starkes Argument der Versicherung gegenüber, um die eigene Bonität ins rechte Licht zu rücken. Solche Sicherheitspartnerschaften sind überhaupt eine gute Sache. Ein Back-up-Rechenzentrum muß es ja nicht gleich sein; wenn man nur mit einem mittleren Risiko rechnen will.

Käufermarkt

Der EDV-Versicherungsmarkt ist inzwischen ein Käufermarkt. Die Komposit-Versicherungen lassen viele Verträge sogar über Makler an sich herankommen, geben sie dann aber im Endeffekt an das Technische Kontor weiter, also verdienen "drei Leute daran". Den Tarifsprung könnte sich der Versicherungsnehmer doch selbst als Guthaben anschreiben.

Helga Biesel