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15.02.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Zweistufige Prüfung

So prüft das Gericht im Rahmen einer zweistufigen Prüfung stets, ob zunächst ein an sich wichtiger Grund gegeben ist, der geeignet ist, eine fristlose Kündigung auszusprechen. Auf zweiter Stufe wird eine Interessenabwägung durchgeführt, bei der auch zu fragen ist, ob es ein milderes Mittel gebe, um die hinter der Kündigung stehende negative Zukunftsprognose zu widerlegen. Zu denken ist hier in erster Linie an das Mittel einer Abmahnung. Im Rahmen einer Gesamtabwägung wird durch das Gericht geprüft, ob die Interessen des Arbeitgebers an einer sofortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses gewichtiger sind als die Interessen des Klägers am Erhalt seines Arbeitsplatzes.

Diese Prüfungsreihenfolge zeigt, dass grundsätzlich keine absoluten Gründe existieren, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können. Eine Ausnahme hierzu findet sich allerdings im Seemannsgesetz. Danach kann beispielsweise die anfängliche Untauglichkeit eines Besatzungsmitglieds für den Schiffsdienst eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. In dieser Konstellation wird keine Interessenabwägung mehr vorgenommen.

Bei Personengruppen, die nach dem Gesetz als besonders schutzbedürftig gelten, ist zu beachten, dass hier etwaige Zustimmungserfordernisse durch eine Behörde zwingend eingehalten werden müssen, wie sie etwa in § 9 Mutterschutzgesetz zu finden sind. Selbst besonders schwerwiegende Pflichtverletzungen können dieses Zustimmungserfordernis nicht entbehrlich machen. Dies hat der Große Senat des BAG bereits 1956 in einem Urteil festgestellt, welchem ein Sachverhalt dergestalt zu Grunde lag, dass eine schwangere Mitarbeiterin die Familienangehörigen ihres Arbeitgebers mit einem Beil bedroht hatte. Der Arbeitgeber holte vor Ausspruch der Kündigung nicht die Zustimmung der zuständigen Behörde ein. Das BAG hatte entschieden, dass diese Kündigung unwirksam war.

Besondere Anforderungen bei Azubis

Besondere Anforderungen gelten auch bei der außerordentlichen Kündigung Auszubildender. Hier legt die Rechtsprechung insbesondere im Rahmen der Interessenabwägung einen besonders strengen Maßstab an und berücksichtigt neben dem Aspekt, dass die Ausbildung stets befristet ist, vor allem die Tatsache, dass die Beendigung einer Berufsausbildung ohne einen Abschluss zu erheblichen Nachteilen im Werdegang des Auszubildenden führen kann.

Weiter erinnert die Rechtsprechung stets an das oft jugendliche Alter der Betroffenen und dem einem Ausbildungsverhältnis innewohnenden Erziehungsauftrag. Nach vorheriger Abmahnung kann allerdings ein wiederholtes unentschuldigtes Fernbleiben oder Zuspätkommen ebenso wie die unerlaubte, private Nutzung von Betriebsmitteln in erheblichem Umfang die außerordentliche Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses rechtfertigen. (oe)

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Der Autor Dr. Norbert Pflüger ist Mitglied des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de) Pflüger Rechtsanwälte GmbH, Kaiserstraße 44, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 069 242689-0, E-Mail: info@k44.de, Internet: www.k44.de