Immer noch im Elfenbeinturm

Kein Gründungsklima an den Unis

30.06.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
In einer exklusiven Umfrage der COMPUTERWOCHE zum deutschen Gründerklima kommen die hiesigen Universitäten und Hochschulen schlecht weg.

Den meisten Gründern und in jedem Fall den Absolventen fehlt jeglicher kaufmännische und Marketing-Background", lautet das Fazit eines Teilnehmers der exklusiven Computerwoche-Umfrage zum Gründerklima in Deutschland. Insgesamt stellten die über 100 Teilnehmer, die sich vom 7. bis 15. Juni an der Online-Befragung beteiligten, den hiesigen Universitäten und Hochschulen ein schlechtes Zeugnis aus. Aus Sicht von fast zwei Dritteln der Befragten werden die Absolventen während ihres Studiums schlecht auf eine mögliche spätere Firmengründung vorbereitet. Lediglich 15 Prozent charakterisierten das praktische und betriebswirtschaftliche Rüstzeug als gut. Jeder Fünfte wollte sich kein Urteil zu dieser Frage erlauben.

Dementsprechend schlecht schnitten auch die Universitätsabgänger in der Umfrage im Fach Gründerfähigkeiten ab. Über 60 Prozent bescheinigten ihnen nur mäßige bis gar keine Innovationskraft, rund 70 Prozent der Befragten schätzten die Risikobereitschaft deutscher Informatikabsolventen als eher niedrig bis sehr niedrig ein. "Deutsche sind eher Tüftler und Ingenieure, aber keine Gründer", sagen über drei Viertel der Teilnehmer. Als Ursache für die Misere macht die überwiegende Mehrheit die Qualität der Lehre aus. Drei von vier Befragten bejahten die Frage, ob das deutsche Hochschulwesen zu verschult und zu sehr auf Effizienz getrimmt sei, um bei Absolventen Freiräume zu schaffen und die Gründerlust zu wecken. "Wie soll man von einem deutschen Hochschulprofessor erwarten, dass er etwas unterrichtet, was in sein deutsches Gehirn gar nicht reingeht", lautete das Fazit eines Teilnehmers.

Darüber hinaus werde zu wenig unternommen, um die Missstände zu beheben, kritisierte die Mehrheit der Befragten. Mehr als die Hälfte gab den Bemühungen von Bund, Ländern und Gemeinden, Gründer zu unterstützen und zu motivieren, nur Schulnoten von ausreichend bis ungenügend. Potenziellen Geldgebern wurde angekreidet, die Gründer zu wenig zu unterstützen. Die Risikobereitschaft des hiesigen Kapitalmarkts, deutsche IT-Startups zu finanzieren, sei eher niedrig bis sehr niedrig.

Die Folgen sind nicht absehbar. Über 80 Prozent der Befragten meinen, zu wenige nachkommende Startups bedeuteten eine Gefahr für den hiesigen IT-Standort. Im internationalen Vergleich in Sachen Gründerklima landet Deutschland aus Sicht der Umfrageteilnehmer im Hintertreffen. Über 50 Prozent bewerten beispielsweise die Gründungs-Voraussetzungen hierzulande als schlechter beziehungsweise deutlich schlechter als in den USA. Auch den europäischen Vergleich verliert Deutschland knapp: Fast 30 Prozent sagen, das hiesige Gründerklima sei schlechter als im europäischen Ausland, knapp jeder Vierte charakterisierte es als besser. 35 Prozent gehen von vergleichbaren Konditionen aus, rund zehn Prozent wollten sich nicht dazu äußern. Insgesamt schneidet Deutschland als Gründerterrain schlecht ab. Der Kommentar eines Befragten: "Ich kann allen nur raten, eine IT-Gründung in jedem anderen Land zu machen, aber nicht hier in Deutschland."