Ford-Patent wirft Fragen auf

Kein Fensterheber für säumige Ratenzahler?

03.03.2023
Von Redaktion Computerwoche
Schöne neue Welt: Ford hat ein Patent eingereicht, dass es erlaubt, Funktionen im Auto abzuschalten, falls der Käufer seine Raten nicht zahlen sollte.
1967 war Ford noch weit von der Idee entfernt, Funktionen remote abschaltbar zu machen, falls Raten nicht gezahlt werden. Lieber hat man sich auf schöne Autos konzentriert, zum Beispiel den Ford Mustang Shelby GT500.
1967 war Ford noch weit von der Idee entfernt, Funktionen remote abschaltbar zu machen, falls Raten nicht gezahlt werden. Lieber hat man sich auf schöne Autos konzentriert, zum Beispiel den Ford Mustang Shelby GT500.
Foto: Zlajs - shutterstock.com

Wer sein Auto in regelmäßigen Raten abstottert, könnte vielleicht irgendwann eine böse Überraschung erleben - zumindest beim US-Anbieter Ford. Das Unternehmen hat im August 2021 in den USA einen Patentantrag gestellt, der am 23. Februar 2023 formell veröffentlicht wurde. Er trägt den Titel "Systeme und Methoden zur Wiederinbesitznahme eines Fahrzeugs" - durch das finanzierende Bankinstitut. Darin werden Möglichkeiten beschrieben, wie Autobesitzern, die ihre Raten nicht gezahlt haben, das Leben schwer gemacht werden kann.

Wie The Drive berichtet, geht es um ein System, das in der Lage ist, "die Funktionen einer oder mehrerer Komponenten eines Fahrzeugs zu deaktivieren". Theoretisch könnte es in jedes künftige Fahrzeug des Herstellers mit einer Datenverbindung eingebaut werden. Deaktiviert werden kann praktisch alles - von der Klimaanlage bis zum Motor.

Besonders heikel wird das bei Fahrzeugen mit autonomen oder teilautonomen Fahrfunktionen: Das System kann diese von einem Ort zu einem anderen bewegen und zum Beispiel vom Grundstück edes säumigen Fahrzeughalters zu einer Rücknahmestelle. Wenn der Finanzierer keinen Sinn mehr darin sieht, das Fahrzeug noch zurückzunehmen, könnte er das Auto auch selbsttätig zu einem Schrottplatz lotsen.

Bislang nur ein Patent

Laut The Drive hat bislang kein anderer Automobilhersteller ein vergleichbares System patentiert. Es gibt auch keinerlei Hinweise darauf, dass sich Ford wirklich in diese Richtung bewegen und versuchen will, ein solches Vorgehen juristisch abzusichern. Patentdokumente sind zudem keine Absichtserklärungen, es ist also keineswegs sicher, dass diese Technologie in neuen Fahrzeugen implementiert wird. Möglicherweise will sich der US-Hersteller diese Idee nur sichern und schützen.

In dem Dokument wird jedoch im Detail beschrieben, wie ein solches System für vernetzte Fahrzeuge funktionieren kann. Ebenso wird in dem Patentantrag ein "Rücknahmecomputer" als eine Hardware beschrieben, die in künftige Fahrzeuge eingebaut werden könnte, damit ein solches System reibungslos funktioniert. Das scheint allerdings nicht zwingend nötig zu sein: Ein Infotainment-System, das Over-the-Air-Updates empfängt, könnte den Informationen zufolge wohl ebenfalls auf entsprechende Funktionalität umgerüstet werden.

Siehe auch: Autonome Autoflucht bei Zahlungsverzug

Kein Fensterheber für säumige Zahler?

Dem Patentantrag zufolge würde ein entsprechend ausgestattetes Fahrzeug zunächst mehrere Warnstufen durchlaufen, bevor erste Schritte zu einer unfreiwilligen Rückgabe beziehungsweise Pfändung eingeleitet werden könnten. Werden die Warnhinweise ignoriert, kann das Fahrzeug einzelne Funktionen abschalten. Das könnte bei kleineren Unannehmlichkeiten beginnen wie "dem Tempomat, dem automatischen Fensterheber, der elektronischen Sitzsteuerung oder einzelnen Komponenten des Infotainmentsystems (Radio, GPS, MP3-Player etc.)". Die nächste Stufe wäre schon schwerwiegender, sie würde den Ausfall von Funktionen wie "Klimaanlage, ferngesteuerten Schlüsselanhänger oder automatische Türverriegelung" betreffen. Möglich ist es auch, einen unangenehmen Dauerton einzuschalten, sobald der Fahrer die Türe schließt.

Wenn der Autobesitzer seine Raten dann immer noch nicht zahlt, könnte er aus seinem Auto ausgesperrt werden. In der Patentanmeldung heißt es: "Der Computer des Systems zur Wiederinbesitznahme kann den Türverriegelungsmechanismus deaktivieren, wodurch das Fahrzeug in einen Sperrzustand versetzt wird und Personen daran hindert, in den Innenraum des Fahrzeugs zu gelangen." Möglich wäre es auch, den Eigentümer nur an den Wochenenden auszusperren oder die Nutzung des Fahrzeugs lediglich in Notsituationen zu erlauben.

In dem Patent wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Auto entriegelt werden kann, wenn jemand krank wird - das Beispiel eines Herzinfarkts wird in dem Dokument mehrmals genannt. Dazu kann die integrierte Kamera des Fahrzeugs zusammen mit einem "neuronalen Netzwerk" verwendet werden, um mittels künstlicher Intelligenz festzustellen, ob die Notsituation wirklich gegeben ist. (hv)