Kein Ende des Linux-Trends

24.11.2005
Von 
Ludger Schmitz war freiberuflicher IT-Journalist in Kelheim. Er ist spezialisiert auf Open Source und neue Open-Initiativen.

Stärker kooperieren

Offenbar wächst in der deutschen Linux-Dienstleistungsszene die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Millenux-Chef Uhl wünscht sich eine "Open-Source-Supply-Chain" zwischen den Dienstleistern. Das kommt bei Peter Ganten, Chef des Bremer Linux-Dienstleisters Univention, gut an: "Wir sollten stärker Komponenten von anderen Linux-Spezialisten nutzen." Ralf Allrutz, Mitglied der Geschäftsleitung der Tübinger Science + Computing AG, pflichtet bei: "Wir sollten unsere Komponenten zusammenbringen."

Unwidersprochen kritisierte Uhl auf der Linuxworld bei einem Treffen verschiedener Linux-Dienstleister "die Kräfteverschwendung durch unterschiedliche Ansätze"; Groupware sei diesbezüglich dass krasseste Beispiel. Es komme darauf an, strikt an Standards orientiert Komponenten für Business-Software zu entwickeln. Uhl: "Wir müssen in die Geschäftsprozesse herein."

Dabei verschiebt sich das Augenmerk zunehmend von der öffentlichen Hand auf Unternehmen. Man befürchtet, die große Koalition könnte der Linux-Szene nicht so wohl gesonnen sein wie die rot-grüne Regierung. "Wechselt der Wind?" fragt sich Bernhard Reiter, Geschäftsführer der an Free Software orientierten Intevation GmbH, Osnabrück. Auch auf Landesebene gebe es einen Trend gegen eigenständige Entscheidungen; denn das CDU-regierte Hessen werde zunehmend zum Schauplatz von Pilotprojekten, die auf andere Länder übertragen werden. Keine guten Aussichten.

Xandros als dritte Kraft?

Die Xandros Inc. hat sich viel vorgenommen: Obwohl ihre Linux-Variante spät kommt und hierzulande auf einen ent- wickelten Markt trifft, möchte das Unternehmen auf Platz drei nach Suse und Red Hat aufsteigen. Sein Produkt soll die populärste kommerzielle Distribution werden, die auf Debian basiert. Den Auftakt macht "Xandros Desktop 3.1", eine umfangreich ausgestattete Distribution für PCs, die sich auf Wunsch neben Windows in einer eigenen Festplattenpartition installiert. Das wichtigste Verkaufsargument ist die Benutzerführung, deren logischer Aufbau eher Windows als Linux-typischen Systemen ähnelt.

Diese Distribution ist die Eröffnung zu einer noch ehrgeizigeren Kampagne des Anbieters: Demnächst erscheint "Xandros Server". Auch bei dieser Linux-Distribution fällt die vollständig grafisch unterstützte Administration auf. Die Einrichtung und Verwaltung kleiner Netze funktioniert wie bei Microsoft; Samba-Kenntnisse sind nicht notwendig, um mit freigegebenen Dateien auf anderen Rechnern im Netz zu hantieren. Die "Xandros Management Console" (xMC) soll Windows-gewohnten Systemverantwortlichen den Umstieg leicht machen.

Das richtige Zeitfenster

Trotzdem herrscht keineswegs Pessimismus, lautes Rufen nach staatlicher Förderung ist nicht zu vernehmen. Auch "bodenständig", also vorsichtig agierend, so Gonicus-Chef Schröder, entwickeln sich die Linux-Dienstleister ausgesprochen gut. "In den 90ern war der Markt noch nicht so weit", erklärt Open-Xchange-Chef Hoberg. "Man muss eben das richtige Zeitfenster erwischen." Das scheint nun offen.