Kein Datenschutzrat

20.11.1987

Hatte sich Joachim Schweinoch vergaloppiert, oder wollte er nur einmal kurz dem kundigen Publikum der Dafta auf den Zahn fühlen? Als potentiellen "Technologiebremser" jedenfalls glaubte der bayerische Ministeriale einen solchen künftigen betrieblichen Datenschutzbeauftragten (BDSB) bezeichnen zu müssen, der mit einem Mitwirkungsrecht an Planungen der Informationstechnik in seinem Unternehmen ausgestattet wäre - kraft Bundesdatenschutzgesetz. Dieses scheint im vorliegenden Referenten-Entwurf nicht vorgesehen zu sein, aber vielleicht doch gerade noch im Bereich des Realisierbaren.

Wie könnte ein solches Recht ausgestaltet sein? Sollte es ein Recht auf Information, ein Recht auf rechtzeitige Information, ein Recht auf eigenverantwortliche Mitwirkung an Planung und Beschlüssen, ein Recht gar auf Mitbestimmung sein? Wie könnte Mitwirkung aussehen? Wäre sie weisungsgebunden, weisungsfrei, mitverantwortlich, eigenverantwortlich, wäre sie kritische Begleitmusik?

Die Dafta-Teilnehmer, ihres Zeichens mehrheitlich betriebliche Datenschutzbeauftragte, reagierten prompt auf die so hart überschrittene Schmerzgrenze und die Gunst der Stunde, die ihnen Schweinoch suggerierte. Selbst vorstandsnahe Datenschutzbeauftragte bestätigten zurückhaltend einen "Bedarf an Beteiligung an der Planung". Deutlicher kam eine Anforderung aus der SPD-Ecke: Mitbestimmung für Betriebs- und Personalräte bei der Personaldatenverarbeitung" und "Mitsprache des BDSB schon im Vorfeld der Entscheidungen ". Harmoniebewußte Datenschützer konstruierten flugs ein gleichschenkliges Dreieck der guten Beziehungen zwischen Geschäftsleitung, Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem. Machtbewußte steuerten alsbald auf eine gehobene Middle-Management-Position zu, samt spezialisierten Sachbearbeitern und Budget für Starberater, eingebunden selbstverständlich in ein integriertes Sicherheitskonzept.

Auch was die personelle und die Sachausstattung des betrieblichen Datenschützers anbelangt, hat der BDSG-Entwurf wohl noch eine ausfüllbare Lücke. Deshalb auch hier der Reaktionstest vom Podium aus: Schafft Ihr denn den Job, von dem niemand annimmt, daß er an Bedeutung verlieren könnte, eigentlich noch so ganz alleine?

Keine Frage: In Zukunft wird es schwieriger und wichtiger, die Funktion des BDSB auszufüllen. Ein Machtzuwachs, sei es über das Gesetz, sei es über die direkte Anbindung an den Vorstand, sei es über einen institutionalisierten Informationsverbund zwischen Geschäftsleitung, Betriebsrat und Datenschutzbeauftragtem, scheint akzeptiert. Ein Machtzuwachs freilich, der den betrieblichen Datenschutzbeauftragten auch nur in die Nähe oder gar in den Rang eines "Datenschutzrates" positionieren könnte, ist vom neuen BDSG nicht zu erwarten; ein Recht auf rechtzeitige Information hingegen scheint noch erzielbar. Und damit läßt sich - "Persönlichkeit" vorausgesetzt - ja auch. schon

eine ganze Menge machen.