Anwendungsentwicklung

Kein Codieren mit MS LightSwitch?

17.01.2012
Von Peter Monadjemi

Architektur und Defizite

Eine LightSwitch-Anwendung ist eine Silverlight-Anwendung, die entweder als klassisches Windows-Programm oder im Browser läuft. Je nachdem, ob es sich um eine einfache Two-Tier- oder eine klassische Three-Tier-Anwendung (bestehend aus Präsentations-, Geschäfts- und Datenschicht) handelt, wird entweder ein direkter Datenzugriff oder ein Zugriff über die WCF-RIA-Services verwendet. Der Umstand, dass sich die Datenschicht auch in der Cloud befinden kann, wenn man beim späteren Deployment als Datenbank SQL Azure verwendet, mag im Moment noch etwas futuristisch anmuten, wird aber in einigen Jahren gerade für Unternehmensanwendungen, bei denen es keine Compliance-Regeln zu beachten gibt, eine attraktive Option sein. Schließlich muss sich der Anwendungsautor keine Gedanken um das Hosten auf Unternehmens-Servern machen.

Natürlich ist es noch etwas verfrüht, ein abschließendes Urteil über die Möglichkeiten von LightSwitch zu fällen. Ein klares Defizit, besonders wenn man Microsoft Access als Maßstab nimmt, ist die fehlende Reporting-Möglichkeit. Hier wurde vom Hersteller bereits für die nächste Version eine Nachbesserung in Aussicht gestellt. Aktuell empfiehlt Microsoft die Export-to-Excel-Funktionalität und den Zugriff auf Excel oder Word per OLE-Automatisierung - beide Optionen stehen jedoch im Browser-Modus nicht zur Verfügung. Eine derart eklatante Lücke dürfte von Drittanbietern schnell gefüllt sein.

Ein wenig ärgerlich ist ferner, dass die hier getestete Betaversion offenbar nur dann funktioniert, wenn die SQL-Server-Instanz "SQLEXPRESS" heißt. Eine Möglichkeit, dies zu ändern, gibt es bislang anscheinend nicht. Offen ist auch, inwieweit künftig Datenbanken anderer Hersteller etwa von Oracle unterstützt werden. Hier dürfte nach der ersten Beta noch einiges passieren - zumindest von einer Unterstützung für Access-Datenbanken ist die Rede). Speziell bei Oracle dürfte LightSwitch auf wenig Begeisterung stoßen, hat der Microsoft-Konkurrent doch mit seinem Application Express (APEX) ein vergleichbares Produkt im Angebot, das bereits in Version 4.1 vorliegt.

Nicht ganz ohne Know-how

Auch wenn LightSwitch indirekt die Möglichkeit suggeriert, sich durch den Prozess für das Erstellen einer Geschäftsanwendung hindurchklicken zu können, ganz ohne Know-how geht es nicht. Dieses betrifft weniger die Programmierung von Abfragen und Validierungsregeln in C# oder Visual Basic, sondern vielmehr die generelle Vorgehensweise beim Abbilden der Geschäftslogik. Trotz des einfachen Ansatzes ist LightSwitch ein Werkzeug mit vielen "Einstellmöglichkeiten". Nicht umsonst fasst Microsoft das Know-how zu LightSwitch in einem "Entwicklerportal" zusammen - ein Widerspruch zur ursprünglich ins Auge gefassten Zielgruppe. Werden es am Ende doch wieder die klassischen Entwickler sein, die im Auftrag ihrer Anwender mit LightSwitch arbeiten und das Tool eventuell so umgestalten, dass vom Modell-First-Ansatz nicht viel übrig bleibt? Ähnlich wie bei Microsoft Access dürfte der Übergang vom Anwender zum Anwender als Entwickler bis hin zum Profi-Entwickler fließend sein.