Kolumne

Kein Ausweg aus dem Informatikdilemma

15.12.2000
Christoph Witte, Chefredakteur CW

Nicht zuletzt durch die aufgeregte Debatte um den Informatikermangel und die Green Card ist sich offenbar jeder Schulabgänger inzwischen bewusst, dass es um die Zukunfts- und Verdienstaussichten in der IT nicht schlecht bestellt ist. Die Zahl der Informatikstudenten und IT-Lehrlinge wächst jedenfalls rapide an.

Vor allem die Hochschulen halten diesem Ansturm nicht stand. Wurden 1997 noch zirka 10000 Informatikstudenten gezählt, sind es in diesem Jahr bereits 24000 - Tendenz weiter steigend. Weil es nicht genügend Professuren gibt, hat der Fakultätentag Informatik jetzt beantragt, das Fach mit einem bundesweiten Numerus clausus (NC) zu belegen (siehe Seite 1).

Sollte der Antrag der Universitätsvertreter durchgehen, wäre die Bildungspolitik der Länder und des Bundes endgültig als das entlarvt was sie ist: als Schaumschlägerei. Wie Demagogie klingen dann die Versprechen nach besserer und kürzerer Ausbildung und vor allem nach ausreichenden Ausbildungsplätzen. Gerade junge Menschen müssen sich betrogen fühlen. Ihnen hat man immer wieder eingebläut, dass sie sich mit Informationstechnik auseinander setzen müssen, wenn sie in der Arbeitswelt von morgen bestehen wollen. Ihre positive Reaktion auf die Versuche der Politiker, gerade den Jungen etwas mehr Technikbegeisterung einzureden, läuft ins Leere, wenn sie Informatik studieren wollen. Bund und Länder tun für die konkrete Förderung dieses Faches viel zu wenig. Der Antrag des Fakultätentages muss deshalb als Schrei nach besserer Unterstützung interpretiert werden.

Doch bisher sind alle Bemühungen um mehr Informatikstudienplätze Makulatur geblieben. Außer mit dem schädlichen Populismus der Politik lässt sich das Scheitern der öffentlichen Bildungspolitik eigentlich nur mit dem Trägheitsmoment des Apparats erklären. Jeder weiß, dass Eile Not tut, wenn Deutschland seinen bereits heute dokumentierten Bildungsrückstand aufholen will. Da aber die Strukturen auch an den Universitäten so verkrustet sind, wirken sich Änderungen am System erst nach Jahren aus - dann ist es für die Informatikausbildung allerdings zu spät.

Diskutieren Sie mit uns über die Auswirkungen eines bundesweiten Numerus clausus für Informatik unter www.computerwoche.de, Stichwort: Informatikforum