Sicherheit weiter in der Kritik

Kein Ansturm auf neuen "ePerso"

02.11.2010
Nach monatelanger Diskussion ist es soweit: Der elektronische Personalausweis löst das bisherige Papier-Dokument ab.

Zur Einführung gab es aber keinen Ansturm in den Ämtern. Und die Kritik an der Sicherheit des Chip-"Perso" verstummte auch zum Start nicht.

Kein Andrang zum Start des "ePerso": Der neue elektronische Personalausweis lockte an seinem ersten Tag kaum mehr Menschen als sonst in die Ämter. Nur mancherorts war die Zahl der Antragsteller etwas höher als sonst an einem Montagmorgen, ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa. Außerdem war dieser Montag in mehreren großen Bundesländern ein Feiertag. Die Wochen vor dem Start des Digital-Perso waren von einer Sicherheitsdebatte geprägt, zudem ist das Dokument mit bis zu 28,80 Euro statt bisher acht Euro viel teurer.

Die Plastikkarte enthält erstmals einen Chip, der die Ausweisdaten elektronisch speichert. Freiwillig können auch Fingerabdrücke auf dem Chip abgelegt werden. Außerdem kann man den Personalausweis auch für die Identifikation bei Internet-Geschäften nutzen und auf ihm eine digitale Signatur speichern. Bis zuletzt gab es Kritik am Sicherheitskonzept. Die Behörden betonen jedoch, dass der Ausweis an sich absolut sicher sei. Als mögliche Schwachstelle gelten einfache Lesegeräte oder schlecht geschützte Computer der Nutzer.

Die Bürger zeigten sich am Montag eher zurückhaltend. In Berlin-Charlottenburg warteten am Morgen etwa dreißig Menschen auf die Öffnung des Bürgeramtes. "Das ist etwas mehr als normal, aber nicht so, als ob es etwas im Sonderangebot gäbe", sagte die Leiterin des Amtes für Bürgerdienste. In anderen Berliner Bezirken hieß es, die Nachfrage sei wie an jedem Montagmorgen. Auffällig viele Anträge habe es allerdings in Berlin-Mitte. Dort hätten viele Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums am Vormittag einen neuen Personalausweis beantragt, sagte Bezirksstadtrat Stephan von Dassel.

In den letzten Oktober-Tagen war zudem der alte Personalausweis vielerorts noch einmal stark gefragt. So seien in Hannover im Oktober rund 17 Prozent mehr alte Ausweise als in einem Durchschnittmonat beantragt worden, sagte ein Sprecher der Stadt.

Startschwierigkeiten gab es in Kiel. "Wir hatten die ersten eineinhalb Stunden Anlaufprobleme und konnten keinen Antrag per System ausfüllen", hieß es beim Einwohnermeldeamt. Danach habe es nur noch kleinere technische Schwierigkeiten mit dem Programm gegeben. Aus Lübeck hieß es, das Amt sei bereits am Morgen "brechend voll" gewesen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte vor dem Start eingeräumt, dass es möglicherweise Anlaufprobleme geben werde. Die rund 20.000 Mitarbeiter der zuständigen Behörden seien aber mit großem Aufwand geschult worden. Es sei alles mögliche für die Vorbereitung getan worden.

Der IT-Verband BITKOM beklagte dennoch eine mangelnde Aufklärung seitens der Regierung. "Aus unserer Sicht wäre es deutlich besser gewesen, die Marketing-Aufwendungen, die man ja bereits im Haushalt dafür zurückgestellt hat, auch tatsächlich zu verwenden", sagte Präsidiumsmitglied Dieter Kempf im "rbb-Inforadio". Die Akzeptanz in der Bevölkerung war nach einer Erhebung des Verbands im Jahresverlauf nur sehr gering auf 47 Prozent der Befragten gestiegen.

Von der Opposition gab es erneut harsche Worte. "Die Größe ist das einzig Positive, das wir an diesem Ausweis entdecken können", hakte Grünen-Chefin Claudia Roth ab. Für Die Linke beklagte Vorstandsmitglied Jan Korte: "Die übereilte Einführung des neuen Personalausweises gleicht einem Freilandversuch."

Für Kritik sorgt auch, dass der neue Personalausweis deutlich teurer wird als die acht Euro, die man bisher bezahlen musste. Der Scheckkarten-Ausweis kostet für Bürger im Alter über 24 Jahren 28,80 Euro und für jüngere 22,80 Euro. Die Behörden begründen dies mit höheren Kosten für neue Technik und personellen Aufwand. Aktuell gültige alte Ausweise müssen nicht umgetauscht werden.

Auch die Sicherheitsdiskussion ließ nicht nach. Am Wochenende warf der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, der Regierung vor, aus Kostengründen auf veraltete Technik zu setzen. Der Ausweis komme mit einfacher Lesegerätetechnik auf den Markt, "bei der Kriminelle mit der Zunge schnalzen", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag.

Regierung und Computer-Experten sind sich zwar weitgehend einig, dass der Ausweis an sich gut geschützt ist. Als Schwachstelle gelten jedoch die einfachen Lesegeräte für Verbraucher, wenn sie in Verbindung mit ungeschützten Personal Computern eingesetzt werden. Die Lesegeräte braucht man, um die Identifikations-Funktion für den Online-Handel nutzen zu können.

Unter anderem hatten Experten des Chaos Computer Clubs (CCC) bemängelt, dass Angreifer auf ungeschützten Computern die PIN für die Online-Identifikation ausspähen könnten. Wenn der Rechner keine Firewall oder Virenscanner hat, könnten sich auf ihm Trojaner einnisten, die auf der PC-Tastatur eingetippte PIN-Codes mitlesen. Dann kann sich unter Umständen ein Angreifer zum Beispiel bei einem Online-Händler für den ahnungslosen Nutzer ausgeben. Bei teueren Lesegeräten mit eingebauter Tastatur besteht dieses Risiko allerdings nicht. (dpa/tc)