Kaufmaennische Loesungen werden abgespeckt Mit Lite-Versionen den Markt fuer Client-Server neu angehen

05.08.1994

MUENCHEN (CW/IDG) - Der Markt fuer betriebswirtschaftliche Client- Server-Loesungen ist im High-end-Bereich eng geworden. Manche Hersteller reagieren auf die veraenderte Situation mit sogenannten Lite-Versionen. Die auf einige wesentliche Funktionen reduzierten Standardprodukte sollen einen kostenguenstigen Einstieg gewaehrleisten.

Unternehmen wie SAP, Dun & Bradstreet oder Walker Interactive Systems sehen sich einem neuen Trend ausgesetzt. Vor allem drei Gruende beeinflussen derzeit das Kundenverhalten: Zum einen sind Client-Server-Loesungen mittlerweile kostspieliger als die Hardwareplattformen, auf denen sie laufen; ausserdem spueren immer mehr Anwender, dass der Wechsel in eine Client-Server-Umgebung sie teurer zu stehen kommt als urspruenglich angenommen; schliesslich gilt es, einer zunehmenden Konkurrenz aus dem Low-end-Spektrum zu begegnen, die mit Desktop-Produkten ebenfalls fuer unternehmensweite Loesungen antritt.

Das Zugestaendnis der etablierten Branchengroessen heisst

"Client-Server-Lite". Gemeint sind damit Anwendungspakete, die traditionelle Funktionen der grossen Systeme nur eingeschraenkt uebernehmen, dafuer aber bedeutend weniger kosten. Jeff Comport, Direktor bei der Gartner Group, beurteilt die neue Situation so: Anwender, die auf Lite-Versionen umsatteln wollen, muessten Kompromisse bezueglich der Flexibilitaet und Skalierbarkeit eingehen. Technisch gesehen seien die Programme jedoch wesentlich einfacher. Geringere Kosten fuer die benoetigte Infrastruktur und weniger Aufwand bei der Personalschulung seien nur zwei Beispiele des Einsparungspotentials. Vorteile in Lite-Produkten sehen Analysten deshalb vor allem bei kleineren Firmen oder auf Abteilungsebene, wenn das Risiko einer Migration auf teure unbekannte Plattformen zu gross erscheint.

Ein Beispiel der Lite-Strategie liefert Dun & Bradstreet, deren High-end-Paket "HR Stream" in der einfachsten Fassung ab

100000 Dollar aufwaerts erhaeltlich ist. In diesem Monat erweitert der US-Spezialist fuer kaufmaennische und administrative Loesungen sein Portfolio um ein neues Produkt: "Total HR" ist in erster Linie ein System zur Personalverwaltung, das unter Windows in einem PC LAN laeuft. Modular aufgebaut, sind die wichtigsten Komponenten jeweils schon fuer 20 000 bis 30 000 Dollar zu haben.

Die SAP AG will ebenfalls in dieses Fahrwasser einschwenken. Wie die Walldorfer mitteilten, wird derzeit unter der Bezeichnung "Heidelberg" ein Projekt durchgefuehrt, an dessen Ende im kommenden Jahr ein Produkt fuer den Low-end-Sektor stehen soll. Die Einfuehrungstests werden in den USA starten, dem nach Ansicht von SAP groessten homogenen Markt. Im Prinzip handelt es sich um eine R/3-Basis, bei der einige Funktionen versiegelt wurden. Nach der Portierung auf Windows NT findet damit eine weitere R/3-Skalierung in den unteren Bereich statt, die sich natuerlich beim Preis bemerkbar machen wird, heisst es bei SAP.

Auch Walker hat mit der Uebernahme von Financial Solutions Ltd. ein Kleinkind adoptiert. "Aptos", so die Bezeichnung des Programms, soll ab Fruehjahr 1995 eine Alternative zum grossen Bruder "Redwood" bieten. Gartner-Analyst Comport bewertet den Trend der Branchengroessen als ein Zugestaendnis an die reale Situation bei den Anwendern, die waehrend der leidenschaftlichen Anfaenge des Client- Server-Marketings schlichtweg ignoriert wurde.