Mehr Datenhoheit für User

Kartellamt mahnt Google ab

12.01.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Den deutschen Kartellwächtern gefällt Googles Umgang mit Nutzerdaten nicht. Sie monieren die Verquickung der Google-Dienste und fehlende Transparenz bezüglich der Verwendung von Daten.
Die Kartellhüter zeigen Google die gelbe Karte. Jetzt muss der Internet-Gigant nachbessern und seine Datenregeln neu justieren - sonst folgt rot.
Die Kartellhüter zeigen Google die gelbe Karte. Jetzt muss der Internet-Gigant nachbessern und seine Datenregeln neu justieren - sonst folgt rot.
Foto: FotoAndalucia - shutterstock.com

Den deutschen Kartellhütern passt es nicht, wie Google mit den Daten seiner Nutzerinnen und Nutzer umgeht. Kurz vor Weihnachten 2022 hat das Bundeskartellamt dem Mutterkonzern Alphabet offiziell seine rechtliche Einschätzung über die Datenverarbeitungskonditionen von Google zukommen lassen. Die vorläufige Quintessenz: Googles Praxis entspricht nicht den europäischen und deutschen Regeln und muss daher angepasst werden.

Google könne die Daten aus seinen verschiedenen Diensten kombinieren und damit detaillierte Profile über Verbraucherinnen und Verbraucher anlegen, kritisiert die Behörde in einer Mitteilung. Über seine eigenen Regeln für reichweitenstarke Dienste wie die Google Suche, YouTube, Google Play, Google Maps und Google Assistant, aber auch mithilfe von zahlreichen Webseiten und Apps Dritter, hole sich Google von seinen Nutzern die Erlaubnis, Daten zu erheben und dienstübergreifend zu verarbeiten.

Behörden nehmen Internet-Giganten ins Visier

Laut Einschätzung des Bundeskartellamts können die User auf diese Praxis bislang keinen Einfluss nehmen. Die angebotenen Wahlmöglichkeiten des US-Konzerns seien zu intransparent und pauschal, soweit Google überhaupt Wahlmöglichkeiten anbiete, bemängeln die Kartellwächter.

Anwender müssten die Verarbeitung ihrer Daten auf die einzelnen Dienste einschränken können, fordert das Kartellamt. Außerdem müssten sie in Kenntnis gesetzt werden, zu welchen Zwecken der Internet-Konzern die Daten verwende. Auch dürfe Google seine Auswahlmöglichkeiten nicht so ausgestalten, dass es Anwendern leichter falle, einer dienstübergreifenden Datenverwendung zuzustimmen als diese abzulehnen. Gar nicht zulässig sei darüber hinaus eine anlasslose und präventive Vorratsdatenhaltung über verschiedene Google-Dienste hinweg, auch nicht für Sicherheitszwecke.

Google ist strategisch im Vorteil

"Das Geschäftsmodell von Google baut ganz grundlegend auf der Verarbeitung von Nutzerdaten auf", stellt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes, fest. Der Konzern besitze hier einen strategischen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen aufgrund des etablierten Zugangs zu relevanten Daten aus einer sehr großen Zahl an verschiedenen Diensten. Google müsse sich daher an den Anforderungen der neuen Wettbewerbsvorschriften für Digitalkonzerne messen lassen. Mundt fordert: "Das Unternehmen muss den Nutzerinnen und Nutzern ausreichende Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Verarbeitung ihrer Daten einräumen."

Mit der jetzt erfolgten Abmahnung schreibt das Bundeskartellamt Google ins Hausaufgabenheft, seine den Nutzern angebotenen Wahlmöglichkeiten neu zu gestalten. Die Behörde spricht von einem Zwischenschritt, der den Google-Verantwortlichen die Möglichkeit einräume, Stellung zu nehmen, seine Praktiken zu rechtfertigen oder selbst Lösungen vorzuschlagen. Wie das Verfahren ausgeht, ist völlig offen. Die Optionen reichen von einer Einstellung über eine Selbstverpflichtung von Google bis hin zu einem Machtwort durch die Kartellbehörde. Mit einer abschließenden Entscheidung in der Sache rechnet das Kartellamt im Laufe des Jahres 2023.