Karstadt beschleunigt den Bezahlvorgang

21.10.2005
Von Rainer Doh 
Mittels Performance-Management stellt die Karstadt Warenhaus AG die Leistungsfähigkeit ihrer Kassensysteme sicher.

Wenn sich aufgrund langsamer oder nicht funktionierender Systeme an den Kaufhauskassen Schlangen bilden, ist das für Kunden und Mitarbeiter gleichermaßen ärgerlich. Umsatzeinbußen können die unmittelbare Folge sein. "Die Kassensysteme der Filialen sind für uns in höchstem Maße unternehmenskritisch", bestätigt Thomas Mahler, Managing Consultant Systemintegration & Development bei Itellium, der IT-Tochter des Karstadt-Quelle-Konzerns.

Hier lesen Sie …

• warum die Leistung der Kassensysteme für die Karstadt AG oberste Priorität hat;

• welche Lösung das Unternehmen zur Sicherstellung der Performance fand;

• worin die Vorteile des neuen Systems bestehen.

Karstadt hat die IT-Infrastruktur seiner Kaufhäuser daher nicht zuletzt auf die hohe Geschwindigkeit und Verfügbarkeit der Kassensysteme ausgerichtet. Zwar laufen die konzernweiten Anwendungen etwa für Warenwirtschaft und Logistik zentral in einem Rechenzentrum. Für die Kassen sind in den einzelnen Kaufhäusern jedoch dezentral Systeme eingerichtet. Jede der 180 Karstadt-Filialen ist mit ihrem Kassensystem weitgehend autonom, so dass keine Verzögerungen durch den Austausch von Daten entstehen können. "Auch wenn rund um ein Kaufhaus alle Leitungen unterbrochen würden - solange wir Strom haben, können die Kassen arbeiten", erläutert Mahler. Die Preisabfrage wird im lokalen Ethernet gegen eine ebenfalls lokal verfügbare Datenbank durchgeführt. Auch die im Zuge des Verkaufsvorgangs gescannten Warendaten werden zunächst im jeweiligen Haus verarbeitet, so dass sich der gesamte Prozess lokal abwickeln lässt. Eine Verbindung nach außen ist nur zur Abfrage von Kreditkartendaten bei der zuständigen Kartenorganisation erforderlich.

Offene Standards

Zunächst hatte Karstadt als Kassensystem eine Lösung von IBM mit dem proprietären Betriebssystem "4690" eingesetzt. Im Zuge einer generellen Neuordnung der IT, die bis 2006 insbesondere die Ablösung des bestehenden Mainframe-Systems mit selbst entwickelten Legacy-Applikationen durch die Standard-Lösung "SAP Retail" umfasst, werden derzeit auch die Kassensysteme aller Karstadt-Kaufhäuser schrittweise ersetzt. Dafür hat Itellium eine neue Kassenanwendung als Java-Applikation entwickelt. Als Betriebssystem wird - nicht zuletzt aufgrund des im Bereich der offenen Standards leichter verfügbaren Know-hows - Linux verwendet. Jedes Warenhaus erhält bis 2006 einen eigenen Linux-Server mit einem Oracle-Applikationsserver, der je nach Größe der Filiale zwischen 20 und 300 einzelne Kassenplätze am Point of Sale steuert. Die automatische Spiegelung der Server und die Datensicherung werden vor Ort in den Filialen vorgenommen, Überwachung und Betreuung wiederum erfolgen zentral durch Itellium in Essen.

Neue Applikationsarchitektur

Zwar betreibt Karstadt neben den Kassenprogrammen weitere lokale Anwendungen für Wareneingang, Flächenbelegung und Bestandsfortschreibung. Kritisch in Sachen Performance ist laut Mahler jedoch nur die Kassenlösung. Alle Applikationen laufen in der J2EE-Architektur, was deren Pflege erheblich vereinfacht.

Mit Einführung der neuen Anwendungen und einer neuen Applikationsarchitektur musste sich Itellium jedoch auch Gedanken über die Sicherstellung der Verfügbarkeit und der Per- formance der Kassensysteme machen. Die diesbezüglichen Anforderungen von Karstadt sind hoch: Maximal eine halbe Sekunde darf eine Preisabfrage dauern, nach spätestens drei Sekunden muss ein Bon-Abschluss erfolgt sein. Störungen, die zu Ausfällen führen könnten, lassen sich über ein weitgehend automatisiertes Monitoring aller Hardware- und Softwarekomponenten rechtzeitig erkennen. Itellium setzt hierzu die Software von Tivoli ein.

Für die Analyse und Beseitigung von Performance-Engpässen in der neuen J2EE-Umgebung standen jedoch keine passenden Werkzeuge zur Verfügung. Und tatsächlich ist dann im Testbetrieb des Kassensystems ein Fehler aufgetaucht, der die Prozesse deutlich verlangsamte. Man habe sich umgehend daran gemacht, die Ursache da- für aufzuspüren, aber erst nach sechs Tagen herausgefunden, dass der Fehler nicht etwa im Programm-Code oder im Applikationsserver lag, sondern auf eine Inkonsistenz der Datenbank zurückzuführen war, erinnert sich Mahler.

Kassen leistungsfähig halten

Für Itellium gab diese Erfahrung den Anstoß zur Konzeption einer Performance-Management-Lösung: Auf Basis des nachgestellten Fehlers baute der IT-Dienstleister zunächst ein Referenzszenario für die Evaluierung diverser Performance-Analyse-Werkzeuge. Die Entscheidung fiel zugunsten von Borlands "Optimizeit Server Trace". "Brauchten wir für die manuelle Suche nach der Fehlerursache mehrere Tage, wurde Server Trace schon nach einer Minute fündig", so Mahler. Das Tool analysiert alle Java-Programme sowohl auf Code-Basis als auch zur Laufzeit, so dass Leistungsengpässe oder Fehler in den Prozessen der Kassensysteme nicht nur unter Labor-, sondern auch unter echten Einsatzbedingungen untersucht werden können. Auf dieser Grundlage kann Karstadt heute Performance-Engpässe identifizieren und beheben, noch bevor sie sich auf den Betrieb auswirken.

Performance-Sicherung vor Ort

Die neue Lösung kommt nicht nur bei Itellium in der Entwicklungs- und Testumgebung zum Einsatz. Da es die Leistung jeder einzelnen Kasse sicherzustellen gilt, muss das Tool auch auf allen Systemen installiert sein. Bedienung und Kontrolle erfolgen allerdings zentral via Essen. In jedem System arbeiten Softwareagenten, die ihre Überprüfungsresultate automatisch an die Tivoli-Software weitergeben.

Bislang wurden bereits rund 80 Systeme mit der Performance-Management-Lösung ausge- liefert, bis 2006 sollen nach und nach sämtliche 180 Karstadt-Warenhäuser mit dem neuen Kassensystem ausgestattet werden. (kf)