Karrierechancen im IT-Mittelstand entdecken

24.07.2002
Von Hiltrud Osterried

Ganz anders hingegen sieht es bei dem Beratungs- und Softwarehaus FJA AG, München, aus, das in diesem Jahr 200 Positionen besetzen will. Gesucht werden Anwendungsentwickler, Softwarearchitekten und -ingenieure sowie IT-Spezialisten mit dem Schwerpunkt Versicherung. Obwohl FJA inzwischen 870 Mitarbeiter beschäftigt, konnte sich das Unternehmen die Vorteile eines Mittelständlers bewahren, erklärt Rolf Schwaneberg, Chief Human Resources Officer. „Hierzu zählen eine offene Atmosphäre und sehr gute Zusammenarbeit im Team. Das große Plus der Kleineren gegenüber den Großen ist, dass Entscheidungen schneller herbeigeführt werden können.“

In die gleiche Kerbe schlägt Marion Kayacan, Personalleiterin der Münchner Ixos Software AG, und hebt vor allem die persönlichere Arbeitsatmosphäre sowie die höhere Flexibilität der Mittelständler hervor. Das Softwarehaus, das insgesamt 800 Beschäftigte zählt und einige interessante Stellen zu besetzen hat, pflegt die Kultur der offenen Türen: „Jeder Mitarbeiter kann einen Termin mit dem Vorstand vereinbaren. Das wäre bei einem Großkonzern kaum möglich.“

Zudem ziehen die kleineren Firmen nicht nur beim Gehalt, sondern auch bei den Sozialleistungen immer stärker mit den Großen gleich. So hat das Softwarehaus inzwischen eine betriebliche Alterversorgung, Kantinen an den verschiedenen Standorten und finanziert die Anfahrtskosten der Mitarbeiter zum Arbeitsplatz. „Je kleiner das Unternehmen, desto mehr kann der einzelne Mitarbeiter bewirken. Auch die Verantwortung steigt“, spricht Steffen Gemkow, Geschäftsführer des Acht-Personen-Betriebs Objectfab, aus eigener Erfahrung. Gerade diese Herausforderung habe ihn dazu bewogen, sich vor zwei Jahren selbständig zu machen.

Normalerweise ist in deutschen Unternehmen Karriere gleichbedeutend mit Erklimmen der Hierarchieleiter und der Führung einer möglichst großen Abteilung. Nicht so bei dem Saarbrücker Software- und Beratungsunternehmen IDS Scheer, wo Karriere nicht unbedingt mit Führungsaufgaben einhergehen muss. Nicht das Erreichen von Positionen wird belohnt, sondern der Aufbau und die Erweiterung persönlicher Kompetenzen. So gibt es in der Entwicklung die Möglichkeit, dass ein hervorragender Software-Engineer, der Experte in einem Fachthema ist, Senior Manager wird, ohne Personalverantwortung zu übernehmen.

„Der Aufstieg bei einem Mittelständler ist schneller möglich, weil alles flexibler und unbürokratischer gehandhabt wird“, sagt Rosemarie Clarner, Personalchefin bei IDS Scheer. Das Software- und Beratungshaus unterzieht die Einsteiger nach zwei bis drei Jahren Betriebszugehörigkeit einer Potenzialanalyse. Danach werden den Mitarbeitern die verschiedenen Karrierewege aufgezeigt.

Doch der rasche Aufstieg und viel Geld sind nicht die alleinigen Anreize für Bewerber. „Wir waren nicht bereit, die Spitzengehälter zu zahlen, die nötig gewesen wären, um Spezialisten aus anderen Unternehmen zum Wechsel zu bewegen“, berichtet beispielsweise Rüdiger Zeyen, Vorstandsvorsitzender der Conet Consulting AG in Hennef. Trotzdem habe er gutes Personal bekommen, das sich wohlfühle. „Wenn die Arbeitsinhalte und das Betriebsklima stimmen, kommt es auf die letzten 5000 Euro nicht an.“