Karriere als lebenslanges Projekt

06.09.2005
Von in Ingrid

Gleichzeitig ergab sich eine weitere Chance: Bernhard Hirth, ein ehemaliger GEI-Kollege, hatte sich bereits 1995 selbständig gemacht und das Beraternetzwerk Projekt-Management und Beratung für Organisation und IT-Projekte (pth Projektteam Hirth) ins Leben gerufen. Dort arbeiten überwiegend berufserfahrene Berater jenseits der magischen Altersgrenze von 40 Jahren. Im April stieg Kellner dort ein und teilt sich mit Hirth die Geschäftsführungsaufgaben. Beide beraten selbst und akquirieren neue Projektaufträge, die sie an die rund 50 Berater im Netzwerk weitergeben.

Das Geschäftsmodell ist ebenso einfach wie erfolgreich: Die im Netzwerk tätigen Berater binden sich über Rahmenverträge an pth und erhalten von dort Aufträge. Im Gegenzug müssen sie sich nicht um die Akquise kümmern. Neben Projektarbeit und -Management coachen die ergrauten Berater als eine Art väterliche Mentoren junge Projektleiter im Unternehmen und während eines laufenden Projekts. "Eine junge Führungskraft kann von der Erfahrung eines Außenstehenden profitieren, Konflikte innerhalb des Teams lassen sich leichter entschärfen und die eigene Entwicklung fördern", schildert Kellner Erfahrungswerte.

Das Alter spielt weiterhin eine wichtige Rolle in der Besetzungspolitik und Karriereplanung der IT-Branche. "Wer innerhalb einer Firma seinen Weg geht, für den ist das Alter weniger wichtig, doch wer sich beispielsweise mit 50 Jahren erstmals extern für eine Führungsaufgabe bewirbt, für den wird der Wechsel schwierig", so Kellner: "Als Geschäftsführer habe ich auch 35-Jährige zu Abteilungsleitern gemacht und keine 50-Jährigen; das würde ich heute noch genauso tun, denn für einen 50-Jährigen ist die Perspektive, den nächsten Karriereschritt zu gehen, einfach zu kurz."

Kellner hat den Neuanfang als Berater geschafft. Er sieht sein Berufsleben im IT-Sektor als Glücksfall; grundsätzlich schätzt er die Chancen im Berufsleben und speziell in der IT mit 50 Jahren realistisch ein. "Wer mit 50 auf eine vergleichbare Position in einem anderen Unternehmen wechseln möchte, egal ob als Projektleiter oder Geschäftsführer, hat es immer schwer. Mir kam zugute, dass ich schon immer sehr selbständig gearbeitet habe. Wer sich als Führungskraft zu sehr auf sein Sekretariat verlässt und weder eine Powerpoint-Präsentation selbständig erstellen noch sich selbst organisieren kann, der legt sich einen großen Stein in den Weg."