Kolumne

"Kampf gegen Windmühlen"

12.11.1998

Der IT-Manager eines mittelgroßen Unternehmens schlägt ein E-Commerce-Projekt vor, und jeder in der Chefetage hört ihm interessiert zu, gibt sogar auf Fachkenntnis schließende Kommentare ab. Die erforderlichen Mittel und zusätzlichen Leute stellen für den Vorstand kein Problem dar, und auch der Zeitbedarf von einem Jahr wird problemlos akzeptiert.

Diejenigen IT-Chefs, die ein solch harmonisches Vorgehen noch nicht erlebt haben, müssen jetzt nicht in Depression verfallen. Daß dieses Beispiel fiktiv ist, offenbart sich dem Eingeweihten sofort: Erstens, weil ein IT-Manager nur höchst selten etwas vorschlägt, das auf ungeteilte Aufmerksamkeit stößt, und zweitens, weil noch seltener zusätzlich Geld sowie Mitarbeiter genehmigt werden.

Immer noch haben die meisten Geschäftsführer und Vorstände zuwenig Ahnung von Informationstechnologie, weshalb IT zumindest hierzulande auch allzu selten benutzt wird, um die Geschäftsprozesse von Unternehmen zu verbessern. Zur Abneigung der Firmenchefs tragen schlechte Erfahrungen bei: Projekte sind oft teurer als geplant, dauern länger und werden mitunter ergebnislos abgebrochen.

Was bleibt dem IT-Chef also zu tun? Soll er sich in Ermangelung eines Schneckenhauses in sein Rechenzentrum zurückziehen und nur das erledigen, was ihm aufgetragen wird? Oder soll er weiter mit grundsätzlichen Argumenten gegen Ignoranz kämpfen, die oft darin gipfelt, daß Topmanager den Einflüsterungen von Herstellervertretern erliegen und DV-Projekte anstoßen, die nicht gelingen können?

Beides ist falsch. Eine Brücke über die tiefe Schlucht von Unverständnis und Mißtrauen läßt sich nur durch eine Politik der kleinen Schritte und internes Marketing bauen. Manchmal entsteht Reputation schon durch ein klug gewähltes Projekt. Dabei hilft als erster Schritt unter Umständen schon eine Anwendung, die Mitarbeitern für sie erkennbar die alltägliche Arbeit erleichtert.

Zur Wiederherstellung des Rufs bleibt allerdings nicht mehr viel Zeit. Angesichts weiter steigender DV-Budgets und zusätzlicher Aufgaben, die durch E-Commerce, Globalisierung und den daraus erwachsenden höheren Konkurrenzdruck auf die IT-Abteilungen zukommen, wächst der Druck - nicht umsonst boomt der Outsourcing-Markt.