Der lange Weg zum Komplettanbieter

Kampf der IT-Titanen

24.08.2010
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Oracle - der Softwarespezialist

Während Anbieter wie IBM und Cisco bereits seit den 90er Jahren ihr Portfolio konsequent durch Zukäufe erweitern, begann Oracle erst relativ spät mit seiner Akquisitionsstrategie. Zudem verlief der Start holprig. Erst nach einem zähen Ringen ließ sich der Business-Software-Anbieter Peoplesoft Anfang 2005 übernehmen. Seitdem folgte jedoch Schlag auf Schlag. Kontinuierlich kaufte Oracle-Chef Lawrence Ellison weiter zu. Dem Datenbankspezialisten ging es dabei in den vergangenen Jahren vor allem darum, das Geschäft mit Business-Software sowie das eigene Middleware-Portfolio auszubauen. Dafür schluckte Oracle beispielsweise große Softwareanbieter wie Siebel und Bea.

Einen Überraschungscoup landete Ellison im Frühjahr vergangenen Jahres mit der Ankündigung, Sun Microsystems für 7,4 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen. Erst kürzlich hat die EU-Kommission den Deal nach monatelanger Prüfung abgesegnet. Mit Sun steigt Oracle in die Liga der System- und Lösungsanbieter auf. Aus seinen Zielen macht Ellison keinen Hehl. Ihm geht es darum, gegen den Erzrivalen IBM anzutreten.

Mit der Übernahme von Sun Microsystems will Oracle-Chef Lawrence Ellison den Druck auf IBM erhöhen.
Mit der Übernahme von Sun Microsystems will Oracle-Chef Lawrence Ellison den Druck auf IBM erhöhen.

Ob Oracle gegen den großen Konkurrenten bestehen kann, muss das Unternehmen jedoch noch beweisen. Bislang konnte der Anbieter seine Akquisitionen im Softwarebereich eindrucksvoll in Wachstum umsetzen. Zwischen 2005 und 2009 verbesserte sich der Jahresumsatz um fast 100 Prozent von 11,8 auf 23,3 Milliarden Dollar. Der Profit stieg von 2,9 auf 5,6 Milliarden Dollar. Ob Sun diese Erfolge in Zukunft weiter stützen kann, ist allerdings fraglich. Der Server-Spezialist beklagt seit Jahren rückläufige Umsätze und schrieb zuletzt tiefrote Zahlen. Dazu kommen die Verzögerungen durch die Prüfung seitens der europäischen Kartellbehörden. Die Situation verunsichert die Kunden, was sich wiederum die Konkurrenten zunutze machen. Beispielsweise meldete kürzlich Hewlett-Packard, dass es im Geschäftsjahr 2009 gelungen sei, 350 Sun-Kunden auf HP-Plattformen zu ziehen.

Wie Oracles Server-Geschäft künftig aussehen wird, ist noch unklar. Experten hatten nach der Übernahmeankündigung offen darüber spekuliert, Ellison werde nur die Sun-Software behalten und das Hardwaregeschäft schnell wieder abstoßen. Diese Vermutungen wurden in Oracles Chefetage kategorisch zurückgewiesen. Man werde Suns Hardware behalten, versicherte der Führungszirkel. Als Beleg dafür präsentierte das Management ein Highend-Datenbanksystem, das auf Sun-Hardware basiert.

Das Beispiel dieser Database Machine könnte Oracles weiteren Hardwareweg weisen. Es gehe darum, den Kunden gegenüber als Komplettanbieter aufzutreten, sagte Deutschland-Chef Jürgen Kunz. Diese erwarteten komplette Lösungen für konkrete Business-Probleme. Das beinhalte ein umfassendes Angebot von der Applikation über die Infrastruktur bis hin zur Plattform. Was jedoch angesichts dieser spezialisierten Pakete aus den Commodity-Servern von Sun werden soll, steht noch in den Sternen.

Klar scheint dagegen vorerst die Servicestrategie. Wie Cisco baut auch Oracle beim Thema Dienstleistungen vorwiegend auf Partner. Das eigene Serviceangebot beschränkt sich auf die Produkte aus dem Hause Oracle. Dies werde auch in Zukunft so bleiben, sagt Kunz. Man sei mit dieser Strategie in der Vergangenheit gut gefahren. Außerdem vermeide der Konzern mit einer klaren Abgrenzung Konflikte innerhalb der Partner-Community. Ob die Service-Roadmap so in Stein gemeißelt ist, wie die Oracle-Verantwortlichen glauben machen wollen, bleibt abzuwarten. Die anderen Komplettanbieter wie IBM und HP forcieren das Dienstleistungsgeschäft. Und schließlich hatte Ellison vor wenigen Jahren auch noch behauptet, das Hardwaregeschäft sei für seinen Konzern völlig uninteressant.

Kennzahlen Oracle

Börsenwert: 126,5 Milliarden Dollar*;

Mitarbeiter: 83.300;

Umsatz 2009: 23,3 Milliarden Dollar;

Gewinn 2009: 5,6 Milliarden Dollar.

* Stand Januar 2010