Protestaktion bei Daimler-Benz gegen Personal-Info-System:

Kampf dem Computer

24.08.1979

UNTERTÜRKHEIM (CW) - Daimler-Benz-Mitarbeiter laufen Sturm gegen ein geplantes Personal-Informationssystem (ISA - Informationssystem Arbeitseinsatz und Arbeitsplanung). Inzwischen wurden Flugblätter verteilt, und rund 8000 Werksangehörige beteiligten sich an einer Unterschriftenaktion, die sich gegen die Entscheidung der Daimler-Geschäftsleitung stellt. Unklar ist, ob sich der Betriebsrat lediglich in seinem Funktionsradius eingeschränkt fühlt, weil er zu gegebener Zeit nicht befragt wurde, oder ob der vorgesehene Fragenkomplex tatsächlich in die Intimsphäre der Mitarbeiter greift. Also: Politikum oder Farce?

Im Rahmen eines geplanten Personal-Informations-Systems gab Daimler-Benz im November letzten Jahres den ersten Schritt in diese Richtung (ISA) bekannt: Die Sammlung spezifischer Daten für die Arbeitsplatzplanung und -gestaltung für Mitarbeiter im Produktionsbereich. Die Daimler-Geschäftsleitung vertritt seit den ersten Verhandlungen den Standpunkt, daß die Einführung von ISA nicht unter das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates fallen würde. Dieser beschloß daraufhin am 8. Dezember 1978, der Erfassung von Mitarbeiterdaten nicht zuzustimmen, solange nicht die Fragen der Mitbestimmung und des Datenschutzes geklärt seien.

Inzwischen wurden nach Aussage von Gerhard Marte, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender in Untertürkheim, auch unter den Werksangehörigen Emotionen freigesetzt: "Ein Großteil der Belegschaft behauptet, die Fragebogen würden stark in die Intimsphäre eingreifen" so Marte, "aber bei kritischer Betrachtung kann diese Aussage nicht aufrechterhalten werden." Marte weiter: "Wenn das System so gehandhabt wird, wie es die Geschäftsleitung definiert - als reine Entscheidungshilfe -, läuft sicherlich alles normal - aber wer mag die Grenze finden, wo Entscheidungshilfe zur Vorentscheidung wird."

Es sei, wie mit einem Brotmesser - ein nützlicher Gegenstand, aber auch ein Mordinstrument.

Kommentar eines Daimler-Arbeiters. "Was die jetzt wissen wollen, ist doch irgendwie sowieso schon bekannt."